Evangeliare
Luxuriöse Evangelienbücher zählen heute zu den wertvollsten illuminierten Prachthandschriften des Mittelalters, sowohl aufgrund ihrer Größe und ihres unvergleichlichen Buchschmucks als auch aufgrund der historischen und kunsthistorischen Bedeutung. Sie enthalten den Text der vier Evangelien, manchmal sogar in Goldtinte geschrieben, und waren in erster Linie für die öffentliche Zurschaustellung gedacht und für den Gebrauch während der Messfeier gedacht. Sie waren oftmals die gehüteten Schätze der Abtei oder Dombibliothek ihres Aufbewahrungsortes. Darüber hinaus kamen sie zum Einsatz bei Prozessionen und offiziellen Zeremonien, insbesondere bei Eidesleistungen.
Ihre größte Verbreitung und Blütezeit erlangten sie im Zeitraum zwischen dem 7. und 13. Jahrhundert, als prächtige Exemplare in den verschiedenen Stilen der insularen, karolingischen, ottonischen, romanischen und gotischen Kunst angefertigt wurden. Die Codices waren üblicherweise in monumentale Einbände gekleidet, die mit Gold, Elfenbein und Edelsteinen verziert wurden, während in ihrem Inneren Gold, Silber, hell leuchtende Farben, feinste Tinten (oft golden- oder silberfarbig) prangten und selbst das Pergament kostbar purpurgefärbt wae. Nur Könige, Kirchenfürsten und hochrangigste Mitglieder des Adels konnten sich derart aufwendige Manuskripte leisten. Gleichermaßen konnten nur die größten und wohlhabendsten Abteien, die Zugang zu den feinsten Materialien hatten und über die fähigsten Schreiber verfügten, Aufträge in einer solchen Größenordnung annehmen. Die Handschriften waren in ihrer Zeit Statussymbole, was sie heute zu wertvolle Quellen macht, um politische Netzwerke und andere Aspekte der mittelalterlichen Gesellschaft zu erforschen.