Bibeln
Die meisten mittelalterlichen Handschriften enthielten Abschriften von Texten aus der Bibel, etwa von Einzelbüchern (Evangelien) oder liturgisch relevanten Passagen (Perikopen). Ausgaben des gesamten Bibeltextes hingegen waren aufgrund der enormen Textmasse eine veritable Herausforderung und darüber hinaus von nahezu unerschwinglicher Kostspieligkeit.
Nichtsdestotrotz gaben insbesondere im Hoch- und Spätmittelalter einige der hochrangigsten Mitglieder des europäischen Adels, wie etwa der französische König Ludwig der Heilige oder der Herzog Borso d’Este, prächtige Vollbibeln in Auftrag. Diese Prachtbibeln, die in erster Linie als Ausstellungs- und Prestigeobjekte gedacht waren, bestechen vor allem durch ihre beeindruckende Größe und luxuriöse Ausstattung.
Im Gegensatz zur Mehrzahl der mittelalterlichen Handschriften, in denen der Text in der Regel zuerst geschrieben wurde, ging man bei großen illustrierten Bibeln umgekehrt vor, stellte also zuerst Miniaturen und andere Schmuckelemente fertig, bevor anschließend der Text eingefügt wurde. Infolgedessen enthalten illuminierte Bibeln einige der vollendetsten Miniaturmalereien, die uns erhalten geblieben sind.
Die Erfindung des Buchdrucks, zusammen mit der zunehmenden Verbreitung volkssprachlicher Bibeln, führte im 15. Jahrhundert zu einer Fülle von Bibelausgaben, die unter anderem der Reformation bedeutenden Vorschub leisteten, da durch die Ausbreitung der Lesefähigkeit nun mehr Menschen in der Lage waren, die Lehren der katholischen Kirche zu überdenken und gegebenfalls in Frage zu stellen.