Lorscher Evangeliar
Das Lorscher Evangeliar ist eine der bedeutendsten Handschriften der karolingischen Buchkunst und stellt zusammen mit seinen beiden erstaunlicherweise erhaltenen, je fünfteiligen Elfenbeindeckeln ein regelrechtes Gesamtkunstwerk dar. Die prachtvoll ausgestattete Evangelienhandschrift entstand wohl um 810 im einflussreichen Hofskriptorium Karls des Großen und war Vorbild einiger weiterer karolingischer Handschriften. Besonders berühmt ist der Codex für seine unverwechselbaren Evangelistendarstellungen und die prächtige ganzseitige Maiestas Domini-Miniatur. Zudem wurde er über und über mit Gold geschmückt und sogar vollständig mit Goldtinte geschrieben. Die unermesslich wertvolle Prachthandschrift schaut auf eine bewegte und komplizierte Besitzergeschichte zurück, die sie in mehrere Fragmente teilte, die in der Faksimile-Ausgabe zusammengefügt werden und das Kunstwerk als Ganzes erfahrbar machen.
Das Lorscher Evangeliar
Ein formvollendetes Kunstwerk, welches Karl der Große in seinen Händen hielt, entstand etwa um 810 in der karolingischen Hofschule in Aachen. Es handelt sich dabei um die Evangelienhandschrift von Lorsch. Sie ist von Anfang bis zum Ende ganz in Goldtinte geschrieben und gilt als die jüngste einer bedeutsamen Reihe von Prachthandschriften aus dem Hofskriptorium Karls des Großen. Seinen Namen erhielt das Werk nach dem Kloster Lorsch, in dem es vom 9. Jahrhundert bis zur Aufhebung des Klosters 1556 aufbewahrt wurde. Mit seinen beiden, je fünfteiligen Elfenbeindeckeln stellt es geradezu ein Gesamtkunstwerk dar. Zugleich vereint es nahezu alle stilistischen Einflüsse, die auf die karolingische Kunst eingewirkt haben. Das Evangeliar spielte eine entscheidende Rolle in der Entwicklung der europäischen Buchkunst. Es wurde in zwei Teile aufgespalten, welche sich heute in der Vatikanischen Bibliothek und in der Filiale der rumänischen Nationalbibliothek in Alba Julia befinden. Die zum Buchdeckel gehörenden Elfenbeintafeln befinden sich in den Vatikanischen Museen und im Victoria and Albert Museum in London.
Kostbarste Materialien
Die monumentale Bilderhandschrift aus dem karolingischen Hofskriptorium ist ein unübertroffen reich geschmücktes Werk, welches allein durch seine durchgehende Schrift in goldener Tinte einen unfassbar hohen Wert besitzt. Jede Seite der Handschrift ist von einem formenreich ausgestalteten Goldrahmen geschmückt. Ganzseitige Prachtillustrationen begeistern durch ihre Monumentalität. Harmonische Kanontafeln, ebenso wie die Evangelistenporträts zu Beginn der jeweiligen Vorworte oder die prachtvollen Textanfänge der einzelnen Evangelien weisen Gold und Silber im Überfluss auf. Wertvollstes Purpur und lebendig leuchtende Farben wurden in den Miniaturen verwendet. Das Lorscher Evangeliar ist zweifelsfrei die schönste und hochwertigste Errungenschaft der karolingischen Hofkünstler, welche in jener Zeit zu den bedeutendsten Vertretern ihres Metiers weltweit gehörten.
Die Reise des Meisterwerkes
Vermutlich kam die kostbare Handschrift unter Abt Adalung vom Hof des Kaisers nach Lorsch, wo sie erstmals in einem Katalog der Klosterbibliothek des 9. Jahrhunderts erwähnt wird. In Lorsch, der großen Königs- und Reichsabtei, hat dann die Handschrift auch die Jahrhunderte überstanden. Im Jahre 1479 wurde sie neu gebunden und wohl schon damals in zwei Teile geteilt. Beide Teile gelangten dann nach der Aufhebung des Klosters 1556 durch Ottheinrich, den bibliophilen Kurfürsten der Pfalz, zusammen mit vielen anderen wertvollen Büchern aus der alten Klosterbibliothek in die Heidelberger Hof- und Univesitätsbibliothek, die berühmte „Bibliotheca Palatina“. Mit ihr sollten sie 1623 als Kriegsbeute Herzog Maximilians I. von Bayern Papst Gregor XV. geschenkt werden.
Eine Geschichte, spannend wie ein Krimi
Der zweite Teil des Evangeliars erreichte zusammen mit der sogenannten Christustafel die päpstliche Bibliothek, wo er auch heute sorgsam verwahrt wird. Die Christustafel ist im Vatikanischen Museum ausgestellt. Ungleich abenteuerlicher aber war das Schicksal des ersten Teiles mit seiner die Gottesmutter darstellenden Elfenbeintafel: Der griechische Gelehrte Leone Allacci organisierte und überwachte 1623 den von bewaffneten Reitern eskortierten Abtransport der Palatina von Heidelberg nach Rom. Er scheint der Versuchung nicht standgehalten zu haben, Bücher aus dem reichen Bestand in seine eigene Bibliothek abzuzweigen. Zusammen mit zahlreichen Werken aus der Palatina vermachte er das Lorscher Evangeliar dem Collegium Graecum in Rom, das seinerseits Teile seiner Bibliothek verkaufte. Seit 1711 galt das prächtige Evangeliar als verschollen. Wahrscheinlich wurde es damals schon in einer römischen Privatbibliothek sorgsam gehütet. Vor 1785 wurde die Elfenbeintafel von der Handschrift getrennt. Sie war Vorlage für einen in der Mitte des 18. Jahrhunderts entstandenen Kupferstich – das karolingische Original tauchte erst 1853 einer Versteigerung wieder auf, gelangte nach England, wo sie schließlich an das Victoria and Albert Museum in London überging und sich dort noch heute befindet.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Lorsch Gospels
Codex Aureus of Lorsch - Umfang / Format
- 473 Seiten / 37,0 × 27,0 cm
- Herkunft
- Deutschland
- Datum
- Um 810
- Epoche
- Stil
- Genre
- Sprache
- Schrift
- Unzialis
- Buchschmuck
- 6 ganzseitigen Miniaturen. Vollständig mit Goldtinte geschrieben, zeigt jede Seite farbige Bordüren, unübertroffen in Form und Stil
- Inhalt
- Die vier Evangelien vollständig mit Goldtinte geschrieben
- Auftraggeber
- Karl der Große (747–814)
- Vorbesitzer
- Ottheinrich, Kurfürst von der Pfalz (1502–59)
Kurfürst Maximilian I. von Bayern (1573–1651)
Christoph Bartholomäus Anton Migazzi, Fürst-Erzbischof von Wien (1714–1803)
Bischof Ignác Batthyány (1741–98)
Lorscher Evangeliar
Incipit-Seite zum Johannes-Evangelium
Die schiere Menge an Blattgold, die dieser meisterhaften Incipit-Seite zugewandt wurde, zeigt alleine schon, wie wichtig die einleitenden Worte des Johannesevangeliums für die gesamte christliche Theologie sind. Dieser elegante Satz kombiniert die Idee der Göttlichkeit Jesu mit der altgriechischen philosophischen Tradition des Logos (Wort), der auch für die kosmische Vernunft stehen kann. In principio erat verbum und verbum erat apud Deum und Deus erat verbum: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ (Joh 1, 1)
Lorscher Evangeliar
Christus in seiner Herrlichkeit
Auch als Maiestas Domini bekannt, ist dies eines der beliebtesten Motive in der westchristlichen Kunst, in dem Christus als Herrscher der Welt thront. Dieses Exemplar wird von teurem Blattgold und Purpur dominiert, was darauf hindeutet, dass dies ein Auftrag des Kaisers Karls des Großen (747–814) an seine Hofschule gewesen sein muss, die für ihren kunstvollen und ostentativen Stil bekannt ist.
Die Mischung aus byzantinischen und insularen Elementen ist gut erkennbar: Die Figur Christi ist mit klassischen Gewändern, abgeflacht-standardisierten Gesichtszügen und durchdringenden Augen byzantinisch gehalten, während die komplizierten Muster, die das Bild umrahmen, eindeutig englisch-irischen Ursprungs sind. In der Bande der Mandorla, die Christus umkreist, erscheinen die insular ausgestalteten Symbole der vier Evangelisten neben kleinen Portraits, die an spätantike Bilder erinnern.
#1 Lorscher Evangeliar (mit faksimiliertem Prunkeinband)
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Deutsch
(7.000€ - 10.000€)
#2 Lorscher Evangeliar (Bibliotheksausgabe)
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#3 Lorscher Evangeliar
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