Goslarer Evangeliar
Eine der erlesensten Schöpfungen, die bis heute aus der Stauferzeit erhalten sind ist wohl das Goslarer Evangeliar. Es handelt sich um eine große Prachthandschrift, die für den Gebrauch in der Kirche und für andere öffentliche Veranstaltungen für die Gläubigen bestimmt war. Jedem Evangelium ist sowohl eine ganzseitige Miniatur als auch eine Incipit-Seite vorangestellt, die dem Rezipienten einen Gesamteindruck des folgenden Textes vermitteln sollen. Dem heiligen Lukas, dem die Geschichte unter allen Evangelisten die höchste Glaubwürdigkeit zuschreibt, wurde jeweils eine zusätzliche Incipit- und Miniaturseite gewidmet. Die Handschrift enthält 30 ganzseitige Miniaturen, die in der Regel in zwei oder mehr Register unterteilt sind, sowie Incipitseiten und zahlreiche goldene Initialen. Der Text ist dabei ein Kunstwerk für sich. Er ist das Werk eines begabten Schreibers, der die Buchstaben mit großer Kunstfertigkeit ausführte. Insgesamt handelt es sich um ein prächtiges Werk der frühen deutschen Gotik, das zu den schönsten illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts zählt.
Goslarer Evangeliar
Das Goslarer Evangeliar, benannt nach seinem vermuteten Entstehungsort in Niedersachsen, gehört zu den erlesensten Schöpfungen der Stauferzeit, die bis heute erhalten sind. Mit insgesamt 30 Miniaturen biblischer Szenen sollte es sowohl Gebildete als auch Laien mit dem Wort Gottes vertraut machen. Das Buch verdankt seine Bedeutung seiner besonderen Pracht und Bildfülle, in der es verschiedene Elemente unterschiedlichster Stile harmonisch und kunstvoll verbindet . Das Evangeliar wurde vor allem in Gottesdiensten verwendet, in denen den Gläubigen das Wort Gottes vorgelesen wurde. Da Jesus Christus selbst in den Evangelien gegenwärtig ist, wurde einem Evangeliar in der Liturgie höchste Verehrung zuteil. Seine aufgeschlagenen Seiten wurden den Gläubigen zum Küssen angeboten, und es wurde in Prozessionen durch die Stadt getragen. Man kann also davon ausgehen, dass dieses prächtige Werk nicht nur einigen wenigen privilegierten Besuchern einer Bibliothek zugänglich war, sondern von der gesamten Gemeinde bewundert werden konnte.
Die heiligen Texte der Christenheit
Der Aufbau des Codex entspricht der üblichen Tradition: Das Buch beginnt mit einem Prolog, der Episteln und eine Vorrede des heiligen Hieronymus (darunter eine Typologie der Evangelien und eine Erklärung der Symbole, die den vier Evangelisten zugeschrieben werden), einen Brief des heiligen Eusebius (über die Ursprünge der Evangelienharmonie) und einen Prolog über die Evangelien von einem anonymen Verfasser enthält. Darauf folgen die Texte der vier Evangelisten, die ihrerseits jeweils durch ein Inhaltsverzeichnis ("capitula") und eine Vorrede ("argumentum") eingeleitet werden.
Ein Glanzstück der deutschen Buchmalerei
Diese Abfolge der Texte und ihre innere Struktur werden durch die künstlerische Ausstattung des Goslarer Evangeliars aufgergriffen und visuell erfahrbar gemacht. Jedem Evangelium sind eine ganzseitige Miniatur und eine ganzseitige Initiale vorangestellt, die dem Betrachter einen Gesamteindruck des folgenden Textes vermitteln soll. Dem heiligen Lukas, dem die Geschichte die höchste Glaubwürdigkeit unter allen Evangelisten zuschreibt, wurde eine zusätzliche Initiale und eine Miniaturseite gewidmet. Die mit Gold verzierten Bildseiten zeigen jeweils zwei oder mehr narrative Darstellungen, die sich ebenso wie die historisierten Initialen auf die Erzählungen der Evangelien beziehen. Die fantasie- und kunstvolle Gestaltung der Initialen verleiht den Textseiten des Evangeliars einen ganz besonderen Reiz, wobei die großen Buchstaben je nach ihrer Funktion unterschiedlich verziert sind. Einige von ihnen sind mit bunten Ranken und Flechtbändern sowie kleinen kleinen tierischen und menschlichen Figuren auf goldenem Grund geschmückt, aber es gibt auch fein umrissene Initialen, die aus goldenen Ranken gebildet werden, sowie goldene Buchstaben auf farbigem Grund, die mit feinem Rankwerk versehen sind. Die Gestaltung des gesamten Evangeliars ist höchst qualitätvoll und durchdacht und machen das Werk zu einem buchmalerischen Höhepunkt seiner Zeit.
Das Werk eines Meisters der Schreibkunst
Neben der hohen Qualität der Bildwerke, die das Wort Gottes für mittelalterliche Gläubige, Gebildete wie Laien, auslegen sollten, verdienen die wunderbaren Textseiten die größte Aufmerksamkeit. Der Schreiber verwendete eine elaborierte gotische Minuskelschrift (Textualis), die für die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts typisch ist, und setzte sie wunderbar ausbalancierten Buchstaben um. Es muss ein sehr erfahrener Kopist gewesen sein, der die Worte der Evangelisten mit so unglaublicher Gleichmäßigkeit, niemals nachlässig und mit stets sicherer Hand niederschrieb. Die Seiten spiegeln diesen Akt der Verehrung, der das Abschreiben des Wortes Gottes war, wider.
Der Einband
Die Faksimile-Ausgabe ist in hochwertiges Leder gebunden. Das Originalmanuskript wurde jedoch von einem kostbaren Prachteinband geschützt, der bis heute vollständig erhalten geblieben ist, was eine absolute Seltenheit ist. Obwohl er Spuren der Zeit aufweist und stellenweise beschädigt ist, beeindruckt er mit seiner aufwendige Gestaltung aus wertvollsten Materialien: Vergoldetes Silberblech mit prächtigen Ornamenten, Prägungen und Filigranen trifft auf Edelsteine (darunter zwei antike Spolien), Glasperlen und echte Perlen. Während der Buchdeckel eine Kreuzigungsszene im byzantinischen Stil zeigt, ist die Rückseite des Einbandes mit einer Krönung der Jungfrau Maria versehen. Aufgrund des Themas wird vermutet, dass die Krönung ein Werk der Nonnen des Klosters Goslar gewesen sein könnte, die damit die Patronin ihre Kirche ehren wollten.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Goslar Gospels
Goslar Evangeliary - Umfang / Format
- 258 Seiten / 33,5 × 25,0 cm
- Herkunft
- Deutschland
- Datum
- Um 1240
- Epoche
- Genre
- Sprache
- Schrift
- Gotische Textualis Quadrata
- Buchschmuck
- 30 meisterhafte ganzseitige Miniaturen und Incipitseiten, zahlreiche goldene Initialen
- Inhalt
- Die vier Evangelien mit Briefen von Hl. Hieronymus, Hl. Eusebius und anderen
- Auftraggeber
- Provost Johannes
Goslarer Evangeliar
Incipit-Seite zum Johannesevangelium
Mit seinem reichen Blattgoldhintergrund und den starken Primärfarben ist dies ein schönes Exemplar deutscher Buchmalerei am Übergang von der Romanik zur Gotik. Die aufwändig gestaltete Säule mit Szenen aus dem Leben Jesu sowie verschiedenen Drolerien dient als I-Initiale für die ersten Worte des Johannesevangeliums: IN PRINCIPIO ERAT VERBVM UND VERBVM ERAT APVD DEVM ET DEVS ERAT VERBVM - „Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ (Joh 1, 1)
Goslarer Evangeliar
Das Markusevangelium
Jedem Evangelium in diesem Manuskript ist eine ganzseitige Miniatur vorangestellt, die das Portrait des jeweiligen Evangelisten mit zwei weiteren Szenen kombiniert. Oben links sehen wir den Evangelisten Markus an seinem Schreibtisch, rechts von ihm die Taufe Jesu und darunter die Berufung der Apostel. Alle drei sind mit glänzendem Blattgold hinterlegt, das die vom Künstler verwendeten kräftigen Rot-, Blau- und Grüntöne zusätzlich hervorhebt.
Die Kompositionen der Miniaturen sind meisterhaft, die Figuren in Roben gekleidet mit einem stark stilisierten, zackigen Faltenwurf, der an den aufkommenden Zackenstil denken lässt. Es gibt auch einige merkwürdige Details: In beiden biblischen Szenen tauchen unter der Wasseroberfläche seltsame Mischwesen auf. Sie stellen die Dämonen dar, die die ehemaligen Heiden hinter sich gelassen haben, da sie nun durch die Taufe von ihnen befreit sind.
#1 Das Goslarer Evangeliar
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Deutsch
(1.000€ - 3.000€)
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