Evangeliar des Johann von Troppau
Als groĂer Liebhaber von kostbaren BĂŒchern gab Albrecht III., Herzog von Ăsterreich (1349â1395), bei dem Priester und Kanoniker Johann von Troppau ein besonders prunkvolles Evangeliar in Auftrag. Dieser sagt selbst, dass er den Text im Jahr 1368 mit einer Tinte aus reinem Gold geschrieben habe. FĂŒr die Dekoration der 348 Seiten mit fĂŒnf Bildseiten, vier Zierseiten mit Initialen, 85 historisierten Initialen und zahlreichen Rahmenleisten mit EckblĂ€ttern erhielt von Troppenau jedoch UnterstĂŒtzung von einem Assistenten und dem Miniaturmaler des Missales von Johann von Neumarkt. Ein effektvolles Highlight bilden vor allem die beiden filigranen Buchdeckel mit stilisierten Sonnenstrahlen und jeweils fĂŒnf Löwenköpfen aus vergoldetem Silber.
Evangeliar des Johann von Troppau
Das prunkvolle Evangeliar des Johann von Troppenau nimmt als GrĂŒndungsCodex der Ăsterreichischen Nationalbibliothek eine besondere Stellung in dessen Sammlung ein. Die 384 Seiten umfassende Handschrift entstand 1368 im Norden der Tschechischen Republik im Auftrag von Albrecht III., dem Herzog von Ăsterreich (1349â1395). Dieser war bereits bei seinen Zeitgenossen als Liebhaber der KĂŒnste und als groĂer BĂŒcherfreund bekannt. FĂŒr die Gestaltung des Textes, die fĂŒnf groĂen Bildseiten, die vier Zierseiten mit Initialen sowie fĂŒr die der 85 historisierten Initialen war der Priester und Kanonikus Johann von Troppenau verantwortlich. Abgerundet wird der imposante Gesamteindruck der Handschrift von den Schmiedearbeiten der beiden Prunkdeckel aus vergoldetem Silber.
Die Signatur des Johann von Troppenau
Als Priester und Kanonikus von BrĂŒnn teilt Johann von Troppenau dem Leser der vier Evangelien des Neuen Testaments mit, dass er selbst den Text im Jahr 1368 mit einer Tinte aus reinem Gold geschrieben hat. Demnach kann das Manuskript zwar sicher datiert werden, doch es ist davon auszugehen, dass von Troppenau bei der Produktion der Handschrift UnterstĂŒtzung hatte. So lassen sich bei der Dekoration drei unterschiedliche HĂ€nde scheiden: Die des Priesters als Hauptmeister, die eines Assistenten und die des Miniaturmalers von dem Missale des Johann von Neumarkt.
Detailreiche Darstellungen aus dem Leben der Evangelisten
Ganz meisterhaft sind die Prunkseiten, die jeweils zu Beginn des Evangeliums stehen und immer nach dem gleichen Grundschema aufgebaut sind. Auf der linken Seite befinden sich 12 Szenen aus der Legende Aurea, die Geschichten aus dem Leben des Evangelisten mit beeindruckender Genauigkeit schildern. Dem gegenĂŒber steht eine aufwĂ€ndig gestaltete Zierseite mit dem entsprechenden Anfangsbuchstaben des Evangeliums. Weiterhin verteilen sich ĂŒber den Text 85 herrliche Bildinitialen, die den Beginn der einzelnen Kapitel markieren. Zudem sind alle Textseiten mit einer leuchtend blauen Rahmenleiste und zauberhaften EckblĂ€ttern geschmĂŒckt.
Strahlende Metallbuchdeckel
Ein ganz besonderes Kennzeichen der böhmischen Handschrift sind die ĂŒberaus filigran gearbeiteten Buchdeckel aus vergoldetem Silber. Jeweils vier MaĂwerkleisten bilden ein Innenfeld, welches von stilisierten Sonnenstrahlen gefĂŒllt ist, die in dĂŒnne Spitzen auslaufen. In den vier Ecken und im Zentrum ist je ein Löwenkopf mit als Strahlenkranz gestalteter MĂ€hne zu finden. Als einziger heute noch erhaltener Metallbuchdeckel der Ăsterreichischen Nationalbibliothek ist diese hervorragende Schmiedearbeit von ganz besonderem Wert.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Evangeliar des Johannes von Troppau
Gospels of John of Opava - Umfang / Format
- 384 Seiten / 37,3 Ă 25,5 cm
- Herkunft
- Tschechien
- Datum
- 1368
- Stil
- Genre
- Sprache
- Buchschmuck
- 5 groĂe Bildseiten, 4 Zierseiten mit Initialen, 85 Bildinitialen, alle Textseiten mit Rahmen und EckblĂ€ttern. Jedes Evangelium beginnt mit einer ganzseitigen Miniatur bestehend aus 12 Einzelminiaturen. Gesamter Text geschrieben mit Goldtinte.
- Auftraggeber
- Albrecht III., Herzog von Ăsterreich (1349â1395)
- KĂŒnstler / Schule
- Johann von Troppau
- Vorbesitzer
- Kaiser Friedrich III. (1415-1493)
Kaiser Ferdinand I. (1503-1564)
Evangeliar des Johann von Troppau
Martyrium des heiligen Markus
Der Evangelist Markus gilt als GrĂŒnder der Kirche von Alexandria und als erster Bischof der Stadt. Im Jahr 68 n. Chr. rebellierten die götzendienerischen BĂŒrger von Alexandria gegen seine Versuche, sie zu christianisieren, und schleiften ihn solange durch die Stadt, bis er tot war. Seine Reliquien blieben dort, wurden aber 828 von zwei venezianischen HĂ€ndlern gestohlen und bildeten dann Mittelpunkt des Markusdoms wurden. Sein MĂ€rtyrertod ist hier in einer Reihe von Miniaturen dargestellt, die einem makabren Comic Ă€hneln.
Evangeliar des Johann von Troppau
Christus in seiner Herrlichkeit
Diese Miniatur versammelt die gesamte Heilige Familie: Maria und Josef in den unteren Ecken, vor allem aber Christus in seiner Herrlichkeit mit den Wundmalen, umgeben von drei Engeln, von denen zwei das Kreuz mit Dornenkrone, Speer und Schwamm halten und der dritte die Posaune blĂ€st. Bei nĂ€herer Betrachtung ist die rosa Mandorla mit Engeln gefĂŒllt: mit den so genannten himmlischen Heerscharen. Der Hintergrund ist ein perfekt ausgefĂŒhrtes Muster, das mit einem tiefblauen Pigment und Blattgold bemalt ist.
Helle Rot- und GrĂŒntöne wurden sowohl fĂŒr die Gestaltung der gesamten Szene als auch fĂŒr die Mandorla verwendet und es wurden sogar Streifen eingezogen, auf denen Christus sitzt und seine FĂŒĂe ruhen können. Auf den Heiligenscheinen der Figuren sowie den FlĂŒgeln der Engel wurde meisterhaft glĂ€nzendes Blattgold aufgetragen. Somit liegt hier ein beispielhaftes Exemplar der Gotik aus Böhmen vor.
#1 Evangeliar des Johann von Troppau
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Deutsch
Der Kommentarband vereinigt AufsĂ€tze namhafter Wissenschaftler und behandelt die folgenden Themen: Der Auftraggeber: Herzog Albrecht III.; Albrecht III. und seine Wappen; Entstehung, Kolophon und Provenienz; Der Inhalt der Handschrift; Kodikologie; Der Einband; Buchschmuck; Beschreibung der Miniaturen und historisierten Initialen; Historische und bildkĂŒnstlerische Voraussetzungen; Stilistische Einordnung und Ikonographie; Forschungsgeschichte. Herausgeber ist Dr. Andreas Fingernagel von der Handschriften-, Nachlass- und Autographensammlung der Ăsterreichischen Nationalbibliothek. FĂŒr den Nutzer des Faksimiles besonders hilfreich ist die ikonographische Beschreibung der Illustrationen durch Mag. Maria Theisen. Sie rĂŒckt viele Details der kĂŒnstlerischen Darstellung ins Blickfeld, die der oberflĂ€chliche Blick leicht ĂŒbersieht. Vergleichsabbildungen aus Handschriften aus aller Welt zeigen Parallelen und Kontraste zu andern Werken der Kunstgeschichte.
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