Ottonische Buchmalerei
Die ottonische Buchmalerei brachte einige der spektakulärsten, ornamentalsten und mit den prächtigsten Einbänden versehenen Buchschätze des gesamten Mittelalters hervor. In ihrer relativ kurzen Blütezeit, die mit der herrschenden Dynastie der Ottonen (919-1024) verknüpft ist, entfaltete sie eine stilprägende Pracht, die bis zur allmählichen Herausbildung der deutschen Romanik fortbestand.
Ausgehend von einer kleinen Zahl von Klöstern mit talentierten Schreibern und Buchillustratoren wurden die Manuskripte in erster Linie für die Mitglieder des ottonischen Herrscherhauses angefertigt. Andere wurden als Geschenke in Auftrag gegeben oder für den Gebrauch in Klostergemeinschaften oder für den Bischof einer Kathedrale. Stilistisch knüpften die ottonischen Manuskripte an die karolingische Tradition an und nahmen bewusst Bezug auf spätantike und byzantinische Kunsttraditionen. Charakteristisch für die Buchmalerei ist die Verwendung glänzender Goldgründen wie im byzantinischen Stil, die die Zeit- und Ortsunabhigigkeit der christlichen Heilsgeschichte verdeutlichen sollte.
Die Kompositionen erscheinen durch ihre Stilisierung oft relativ statisch, doch sind Blicke und Gesten der überlängt gezeichneten Figuren außerordentlich ausdrucksstark. Der herrliche, monumentale Stil der ottonischen Buchmalerei war der Ausdruck eines neu erwachten Glaubens an das Heilige Römische Reich deutscher Nation und des Wunsches, in der eigenen Kaiserwürde vom byzantinischen Kaisertum als gleichrangig anerkannt zu werden. So wurden Prachtcodizes jener Zeit auch als politische Statements verwandt, in deren Malereien sich die ottonischen Könige und Kaiser von Gott selbst krönen ließen.