Purpurhandschriften
Purpurhandschriften sind Raritäten unter den illuminierten Codizes. Das liegt hauptsächlich an den enormen Kosten und Schwierigkeiten, die mit der Gewinnung des Farbstoffs verbunden waren, mit dem man die Pergamente tränkte: 10.000 Purpursschnecken (genauer: deren Drüsen) erfordert die Herstellung von nur einem Gramm kristalinen Purpurs. Im alten Rom waren purpurgefärbte Stoffe und Purpurhandschriften beliebte Auftragswerke der Kaiser. Nach dem Niedergang Roms und des Westens blieb die Tradition zunächst im östlichen Byzanz lebendig. Von dort brachten vermutlich byzantinische Buchmaler, die Karl der Große an seinen Hof berufen hatte, das kunstvolle Verfahren wieder in den lateinischen Westen, wo die Tradition ab dem 8. Jahrhundert wieder aufblühte.
Bis ins 12. Jahrhundert hinein entstanden Purpurhandschriften in karolingischer, ottonischer und romanischer Manier. Die purpurnen Pergamentblätter erwiesen sich als besonders effektvoller Untergrund für Schrift und Miniaturen in Gold- und Silbertinte, und auch die hellen, leuchtenden Farbtöne der Malereien kontrastierten hervorragend mit dem Purpur. Da die Anschaffungskosten für den Farbstoff sehr hoch waren, konnten sich praktisch nur Kaiser den Luxus von Purpurhandschriften leisten und nur die talentiertesten Buchkünstler wurden beauftragt, das kostbare Material zu verarbeiten. Purpurhandschriften sind daher stets von höchster Qualität und gehören zu den wertvollsten und schönsten Exponaten mittelalterlicher Buchkunst. Im Quattrocento Italiens dann erwachte erneutes Interesse an der alten Tradition, die nun, um Innovationen der Renaissance-Malerei bereichert, eine letzte Blütephase purpurner Pracht erlebte.