Medicina Antiqua
Ein medizinisches Werk voller Skepsis den Ărzten gegenĂŒber? Das gibt es tatsĂ€chlich: die Sammelhandschrift âMedicina antiquaâ. Unter diesem Titel finden sich medizinisch-pharmazeutische Texte aus dem 4. oder 5. Jahrhundert, die so unterschiedlich sind, dass ihre Autoren weder biographisch noch namentlich greifbar sind. In der 1. HĂ€lfte des 13. Jahrhunderts in SĂŒditalien gefertig, belegt diese Handschrift, wie gerne in Mittelalter und Neuzeit medizinisches Wissen der Antike rezipiert wurde. Beeindruckend ist diese Handschrift durch ihre zahlreichen Bilder von Pflanzen, Tieren und Therapieszenen, die in leuchtender Deckfarbenmalerei ausgefĂŒhrt sind. Doch auch wenn interessante Federzeichnungen den Betrachter in die Sprechstunde eines mittelalterlichen Arztes entfĂŒhren, bleibt der Duktus der Handschrift sehr Ă€rztekritisch: Die Handschrift richtet sich an den Laien, misstraut den Ărzten und empfiehlt deshalb unbedingt die Selbstmedikation.
SpÀtantikes Medizinwissen in strahlenden Miniaturen
Die Wiener Handschrift der Medicina antiqua zĂ€hlt nicht zuletzt wegen ihres aufwendigen Bildschmucks zu den bedeutendsten Handschriften ihrer Art. Sie ist eine medizinisch-pharmazeutische Sammelhandschrift in lateinischer Sprache, die in der 1. HĂ€lfte des 13. Jh.s in SĂŒditalien, möglicherweise im Umfeld des staufischen Hofes, verfertigt wurde.
Die verschiedenen Texte, deren Autoren biographisch und namentlich nicht greifbar sind, entstanden in der SpĂ€tantike, im 4. oder 5. Jh. So ist auch diese Handschrift ein Zeugnis fĂŒr die ĂŒberaus beliebte Rezeption medizinischen Gedankengutes aus der Antike in Mittelalter und Neuzeit.
GroĂe BerĂŒhmtheit hat dieser Codex wegen der zahlreichen Bilder von Pflanzen und Tieren und wegen der FĂŒlle von Darstellungen von Therapieszenen und Ărztebildern erlangt. All diese Illustrationen gehen auf antike Vorbilder zurĂŒck und sind in leuchtender Deckfarbenmalerei ausgefĂŒhrt. Daneben finden sich auf fast jeder Seite rund 50 Jahre spĂ€ter eingefĂŒgte Federzeichnungen mit Szenen, die den Betrachter direkt in die Sprechstunde eines mittelalterlichen Arztes entfĂŒhren. Als zeitgenössischer Bildkommentar verleihen diese spontanen, ausdrucksstarken Bilder dem Codex einen zusĂ€tzlichen Reiz.
Ein glÀnzendes Zeugnis der Antikerezeption im Mittelalter
Die Autoren, besser Kompilatoren, lehnten sich mehr oder weniger stark, direkt oder indirekt, an die beiden antiken Standardwerke, die Materia medica des Dioskurides, eines bedeutenden griechischen Botanikers und Arztes aus dem 1. Jh. n. Chr., und an die Naturgeschichte des Plinius des Ălteren an.
Oft ist der Text stark beschĂ€digt, da gewisse Passagen und Darstellungen bei spĂ€teren christlichen Lesern AnstoĂ erregten und diese alle Spuren des Heidentums aus der Handschrift tilgen wollten. So haben beispielsweise die Gebete an die Dea sancta Tellus, an die heilige Mutter Erde, und ein Gebet an alle Pflanzen das MiĂfallen der christlichen Leser erregt, sodaĂ diese Texte durch Radierungen verunstaltet sind. Besonders die weibliche Tellus muĂte sich die Geschlechtsumwandlung zu einer Vatergottheit gefallen lassen, indem im Text dieses Gebets nicht nur radiert, sondern auch ausgebessert und in die radierten Stellen hineingeschrieben wurde. Auch die Darstellungen von Phalloi sind ĂŒberall in der Handschrift zum groĂen Teil wieder ausradiert worden.
Die Federzeichnungen, die als jĂŒngstes Element den Deckfarbenmalereien hinzugefĂŒgt wurden, zeichnen sich durch deftigen Realismus aus, bisweilen bis zur Karikatur gehend; jedenfalls kann man sich den Zeichner als jemanden vorstellen, der mit dem Betrieb in einer mittelalterlichen Arztpraxis wohl vertraut war.
Ein medizinisches Nachschlagewerk fĂŒr den Hausgebrauch
Die Materia medica wandte sich an den Laien und empfahl â in Ă€uĂerster Skepsis gegenĂŒber der Ă€rztlichen Kunst und IntegritĂ€t â die Selbstmedikamentation. Demnach ist die ganze Ausrichtung auch nach dem VerstĂ€ndnis der Zeit keine primĂ€r wissenschaftliche. Die einzelnen Texte orientieren sich vielmehr eher an magischen Vorstellungen als an wissenschaftlichen Theorien (wobei sich die Autoren selbstverstĂ€ndlich nach Belieben RĂŒckgriffe auch auf die zeitgenössische Medizinliteratur und bereits akzeptiertes populĂ€res Medizinwissen gestattet haben).
Eine reichhaltige Quelle fĂŒr die Geschichte der Medizin
Die anhaltende Beliebtheit dieses pharmazeutischen Sammelwerkes kann verschieden erkĂ€rt werden. Denn die Wiener Handschrift ist durch ihre reiche Ausstattung mit Malereien und Zeichnungen nicht nur ein ĂŒberaus wertvolles Objekt der Kunstforschung, sondern auch eine unschĂ€tzbare Quelle fĂŒr die Geschichte der Medizin. Aber auch fĂŒr die Realienkunde des Mittelalters bieten die Miniaturen zahlreiche wertvolle Details ĂŒber Kleidung, EinrichtungsgegenstĂ€nde und medizinische Behelfe.
Vielleicht liegt es aber auch an der von Plinius dem Ălteren ĂŒbernommenen Beschimpfung der Ărzte, denen nie zu trauen ist, und das damit verbundene Lob der Selbstmedikamentation, oder möglicherweise am hohen Anteil magischer Vorstellungen, die das Wunderbare jeglicher Heilung betonen, daĂ dieses Werk auch von Laien immer wieder gerne eingesehen wird.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Libri quattuor medicinae
- Umfang / Format
- 322 Seiten / 27,5 Ă 18,6 cm
- Herkunft
- Italien
- Datum
- Erste HĂ€lfte des 13. Jahrhunderts
- Epoche
- Stil
- Sprache
- Schrift
- Textualis Rotunda
- Buchschmuck
- Mehr als 400 Abbildungen, darunter 6 ganzseitige Miniaturen, die meisten von ihnen in Farbe, zum Teil mit Gold, Federzeichnungen am Rand
Medicina Antiqua
Behandlung einer GĂŒrtelrose
Die GĂŒrtelrose ist eine Viruserkrankung, die schmerzhafte AusschlĂ€ge und Blasen auf der Haut verursacht, die wochenlang anhalten können. Sie ist nicht nur mit der Kinderkrankheit Windpocken verwandt, sondern im Grunde eine Reaktivierung des Virus. Dieses fortschrittliche Wissen ĂŒber die Funktionsweise der Krankheit war den Ărzten des Mittelalters natĂŒrlich unbekannt und sie konzentrierten sich stattdessen auf die Behandlung der Symptome. Da ein Impfstoff noch viele Jahrhunderte in der Zukunft lag, wurde ein beruhigender Balsam aus Kamille, Oregano und anderen Pflanzen aufgetragen, um die schmerzhaften HautausschlĂ€ge und Blasen zu lindern.
Ăbersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)
Medicina Antiqua
Anrufung der göttlichen Mutter Erde
Neben dem eigentlichen pharmakologischen Werk finden sich in diesem Manuskript auch viele Texte, die sich auf die antike heidnische Mythologie beziehen, und auch die kĂŒnstlerische Gestaltung basiert eindeutig auf einer Vorlage aus der SpĂ€tantike. Das Gedicht praecatio terrae befindet sich auf der RĂŒckseite dieser Miniatur und wurde nur oberflĂ€chlich "christianisiert", indem Dea sancta Tellus (Heilige Göttin Erde) in Deo sancto (An den heiligen Gott) geĂ€ndert wurde.
Ein Dichter kniet und rezitiert seine Ode vor der Magna Mater, einer römischen Adaption der anatolischen Muttergöttin Kybele, die oft mit einem FĂŒllhorn dargestellt wird. Sie ist mit einer grĂŒnen Toga bekleidet und sitzt auf einer groĂen Schlange, aus deren Maul Blut flieĂt. Vom Wasser aus beobachtet sie ein Flussgott, ausgestattet mit Ruder und Dreizack, der von einer seltsamen gehörnten Kreatur begleitet wird.
#1 Die Medicina Antiqua
Details zur Faksimile-Edition:
Sprachen: Englisch, Deutsch
(1.000⏠- 3.000âŹ)
#2 Die Medicina Antiqua
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Sprachen: Englisch, Deutsch
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#3 Medicina antiqua: Libri quattuor medicinae
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Sprache: Französisch
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