Berliner Alexanderroman
Der Alexanderroman war eines der beliebtesten literarischen Werke des Mittelalters. Der ritterliche Roman ĂŒber das Leben Alexanders des GroĂen wurde aus Schilderungen wahrer Begebenheiten und fanastischen Legenden kompiliert und beschreibt den makedonischen Eroberer als ehrenhaften und groĂzĂŒgigen König, der den BedĂŒrftigen gegenĂŒber wohlwollend und groĂzĂŒgig ist, trotz seiner Siege bescheiden bleibt und es nie versĂ€umt, die Götter zu ehren. Ein Exemplar des Buches, das heute in Berlin aufbewahrt wird, zeichnet sich durch seine besonders aufwendige Illumination und reiche Goldausstattung aus. Der sogenannte Berliner Alexanderroman entstand Ende des 13. Jahrhunderts und enthĂ€lt ĂŒber 100 prĂ€chtige, mit Gold und Silber illuminierte Miniaturen, die fremde Orte, bedeutende Schlachten und mythische Ungeheuer zeigen.
Der Berliner Alexanderroman
Alexander der GroĂe gilt als gröĂter Eroberer der Geschichte. In nur elf Jahren, von 334 bis 323, verĂ€nderte er die gesamte Welt der Antike. Kein Mensch hat jemals ein weitlĂ€ufigeres Reich erobert. Die Frage, wie es Alexander dem GroĂen gelang, innerhalb seiner kurzen Regierungszeit eine so bleibende Wirkung zu hinterlassen, wird von Historikern seit Jahrhunderten ganz verschieden beantwortet. UnzĂ€hlige Legenden ranken sich um den Sohn Philipps II. von Makedonien und der Königstochter Olympias, welche eine direkte Nachfahrin des Göttervaters Zeus gewesen sein soll. Auch die mythischen Helden Herakles und Perseus sollen Vorfahren des Alexander gewesen sein und dienten dem ehrgeizigen Herrscher sein Leben lang als Vorbilder. So sind noch heute die Anekdoten ĂŒber sein Zusammentreffen mit Diogenes oder sein Umgang mit den Gordischen Knoten Allgemeinwissen. Seit seinem 13. Lebensjahr wurde Alexander vom berĂŒhmten Philosophen Aristoteles ausgebildet. Durch Aristoteles entwickelte er ein tiefes Interesse fĂŒr Bildung, Kultur und Literatur, aber auch fĂŒr Forschung und Wissenschaft. Sein unstillbarer Wissensdurst blieb ihm bis zu seinem Tode erhalten. Alexander dehnte die Grenzen des makedonischen Reiches bis nach Indien aus. Als er in Ăgypten einmarschierte, soll er dort als Pharao begrĂŒĂt worden sein. Mit seinem Regierungsantritt begann das Zeitalter des Hellenismus, in dem sich die griechische Kultur ĂŒber weite Teile der damals bekannten Welt ausbreitete. Durch seine unermesslichen politischen, militĂ€rischen und kulturhistorischen Erfolge wurde Alexander zu einem beliebten Motiv der Kunst und Literatur. Die bedeutendste literarische Rezeption erfuhr der Herrscher durch den sogenannten âAlexanderromanâ.
Der Alexanderroman und seine immense Bedeutung
Mit dem Begriff Alexanderroman wird eine Vielzahl von antiken und mittelalterlichen Biografien Alexanders bezeichnet, in denen die GroĂtaten des Herrschers auf mĂ€rchenhaft anmutende Art und Weise geschildert werden. Dem Alexanderroman liegt ein Werk eines anonymen griechischen Verfassers in drei BĂŒchern zugrunde. Dieses Werk basierte auf unzĂ€hligen antiken, nicht erhalten gebliebenen, romanhafte Quellen, fiktiven Briefen Alexanders und sagenhaften Legenden und ErzĂ€hlungen. Der Roman in seinen verschiedenen Versionen war im Mittelalter neben der Bibel das bekannteste und am weitesten verbreitete Buch in Europa und war in der französischen, englischen, slawischen sowie altnordischen Literatur vertreten. Im Orient, besonders in der syrischen Literatur, verbreitete sich der Alexander-Stoff bereits in vormittelalterlichen Zeiten. Auch in der islamischen Literatur wurde der Roman rezipiert, so findet sich der Alexander-Stoff im persischen Roman Iskandarnamah, einem Werk eines anonymen arabischen Autors des 12. Jahrhunderts.
Ein idealer Herrscher?
Auch wenn das im Alexanderroman erschaffene Herrscherbild des Makedonen wohl kaum der RealitĂ€t entsprochen hat, ĂŒben die Schilderungen ĂŒber sein Leben seit Jahrhunderten eine unvorstellbare Wirkung auf ihre Leser aus. Alexander wird als ein Typus beschrieben, der Typ des idealen Herrschers. Er ist schlau und weiĂ stets, wie zu handeln ist. Keine noch so unerwartete Wendung kann ihn ĂŒberraschen, keine noch so verzwickte Situation ĂŒberfordert ihn. Er erweist sich stets als ehrenhafter und groĂzĂŒgiger König, mildtĂ€tig und edelmĂŒtig ist er zu allen, die im Elend sind. Seine Siege machen ihn nicht ĂŒbermĂŒtig. Er bleibt bescheiden, ehrt die Götter, opfert ihnen stets und lehnt es ab, als Gott verehrt zu werden. Der historische Quellenwert der groĂen Legenden ist zwar gering, und doch zĂ€hlte der Roman das ganze Mittelalter hindurch zu den beliebtesten BĂŒchern weltweit. Dies liegt daran, dass der Roman in ganz besonderem MaĂ all den Erwartungen entsprach, die an Literatur gestellt werden. Er half, die Welt des Lesers zu erweitern, ihn Dinge erfahren zu lassen, die er nicht selbst erleben konnte, ihn in LĂ€nder zu fĂŒhren, die ihm verschlossen blieben. Hierzu gehört auch die Freude an der Zauberei und am Wunderbaren, denn immer wieder wurden den einzelnen Fassungen Wundergeschichten beigefĂŒgt. Die groĂen menschlichen Leistungen des literarischen Helden dienten den Lesern als Vorbilder. Der Roman enthĂ€lt auch zahlreiche pikante und romantische Szenen, auf die noch heute kein wirklich populĂ€res Buch verzichten kann.
Der Berliner Alexanderroman
Der Ritterroman ĂŒber Alexander den GroĂen ist das vor der Erfindung des Buchdrucks am hĂ€ufigsten ĂŒbersetzte, am weitesten verbreitete und am meisten gelesene Buch der Weltliteratur. Es wurde unzĂ€hlige Male bearbeitet, fast alle Ausgaben des Werkes sind vielfĂ€ltig bebildert. Der Berliner Alexanderroman ist eine Ăbersetzung, die auf einer französischen Fassung der Geschichte basiert. Die Berliner âHistoire du bon roi Alexandreâ zĂ€hlt zu den weltweit berĂŒhmtesten und hochwertigsten Bearbeitungen des Romans. Diese Schrift entstand am Ende des 13. Jahrhunderts. Die insgesamt 168 aufwendig gestalteten Seiten sind rundum mit Echtgoldschnitt versehen. Ăber 100 Miniaturen mit ĂŒppiger Goldverzierung schmĂŒcken das prachtvolle Werk. Die Bilder berichten von fantastischen Weltreisen, von bedeutsamen Schlachten und von unbekannten Fabelwesen. Alexander trifft auf Drachen, Greife, Zyklopen, Riesenkrebse, KopffĂŒĂer und Pferdeköpfige. An einer Stelle steigt Alexander mithilfe einer waghalsigen, von Greifvögeln getragenen Konstruktion in den Himmel, an einer anderen Stelle sinkt er in einer glĂ€sernen Tauchglocke auf den Grund des Meeres hinab. Die antiken Legenden ĂŒber den groĂen Herrscher wurden hier in ein mittelalterliches Gewand verpackt. Zahlreiche Bildunterschriften kommentieren die dargestellten Szenen, hĂ€ufig mit einem Augenzwinkern. In jedem Fall gehören die Illustrationen des Berliner Alexanderromans zu den schönsten Miniaturen, die im Europa des 13. Jahrhunderts geschaffen wurden.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- L'Ystoire du bon roi Alexandre
Berlin Alexander Romance - Umfang / Format
- 168 Seiten / 25,9 Ă 18,8 cm
- Herkunft
- Frankreich
- Datum
- SpÀtes 13. Jahrhundert
- Stil
- Genre
- Sprache
- Schrift
- Gotische Textualis
- Buchschmuck
- 100 Miniaturen, teilweise mit Gold verziert
- Inhalt
- Heldentaten und das Leben Alexander des GroĂen
- KĂŒnstler / Schule
- Schule von Paris
- Vorbesitzer
- Fulcaud de Rochechouart (?)
Robert de Fouilloy (?)
William Alexander Louis Stephen Douglas-Hamilton
Berliner Alexanderroman
"Der Fluss Doufrate und die MĂŒhlen von Babylon"
Obwohl die französische Bildunterschrift in roter Tinte nicht korrekt ist, weil sich der Rest der Seite mit Bagdad, der groĂen Stadt am Tigris, befasst, ist dies eine faszinierende Darstellung von vier WasserrĂ€dern. Noch interessanter ist die Tatsache, dass diese MĂŒhlen mit BrĂŒstungen und TĂŒrmen wie kleine Burgen befestigt sind - ein Hinweis auf die Bedeutung der Sicherung der Getreideversorgung fĂŒr die mittelalterliche Metropole. Im Wasser, das die RĂ€der antreibt, wimmelt es von Fischen, die dem Tierkreiszeichen Fische Ă€hneln.
Berliner Alexanderroman
Alexander der GroĂe auf Tauchfahrt
In dieser Tusch-Miniatur ist eine mittelalterliche Taucherglocke mit wunderschönen Wasserfarben abgebildet. Laut Roger Bacon (1214â1292) hat bereits Alexander der GroĂe (356 v. Chr.â323 v. Chr.) mit einem solchen GerĂ€t das Mittelmeer erkundet und wird hier von kleinen und groĂen Meerestieren umgeben, von denen einige sogar lĂ€cheln. AuĂerdem sehen wir auf dem Meeresboden zwischen den Pflanzen Menschen, Hunde und einen Widder herumwandern.
Alexander ist sitzend mit Krone und Zepter in einer Taucherglocke dargestellt, die von zwei Fackeln beleuchtet wird. Lange, dicke Seile fĂŒhren zurĂŒck an die OberflĂ€che, wo zwei unsicher-angespannte MĂ€nner in einem Boot mit gesetztem Segel auf ein Zeichen ihres Herrn warten. Die Szene mit ihrem wunderbar gemusterten blauen Hintergrund wird schlicht mit Blattgold gerahmt.
#1 Berliner Alexanderroman
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Deutsch
(1.000⏠- 3.000âŹ)
#2 Berliner Alexanderroman
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