DAS BOOK OF KELLS IM TRINITY COLLEGE IN DUBLIN: ZU BESUCH BEI EINEM DER GRÖSSTEN BUCHSCHÄTZE DER MENSCHHEIT

Das Book of Kells gehört zweifellos zu den größten (Buch-)Schätzen der Menschheit: Geschrieben um das Jahr 800 von iro-schottischen Mönchen, ist die im Jahr 2011 zum Weltdokumentenerbe erklärte Handschrift das weltweit wohl bekannteste Beispiel für die insulare Buchmalerei. Mehr als 2 Millionen Besucher*innen jährlich zieht dieses Meisterwerk in die irische Hauptstadt Dublin. Ein Besuch, der sich auf jeden Fall lohnt, wie Sie hier in unserem kurzen Reisebericht nachlesen können.

Zu Besuch im Trinity College Dublin

Das Book of Kells wird im Trinity College im Herzen der Stadt aufbewahrt. Zunächst treten wir bei einer Führung über den mehr als 400 Jahre alten Campus in die Fußstapfen berühmter Alumni wie Oscar Wilde, Bram Stoker und Samuel Beckett, während wir an ikonischen Gebäuden wie dem Campanile und der Alten Bibliothek vorbeikommen und allerlei spannendes und anekdotisches über das Studentenleben und die Geschichte der prestigeträchtigen Institution hören. Die Studierenden etwa vermeiden es peinlichst, unter dem großen Glockenturm hindurchzulaufen. Denn sollte just dann die Glocke läuten, wenn man darunter steht, wird man niemals seine Prüfungen bestehen. Erst am Tag der Abschlussfeier dann versammeln sich alle Studierenden am und unter dem Campanile und feiern ihre Abschlüsse.

Das Trinity College in Dublin: Eine der berühmtesten und renommiertesten Universitäten der Welt

Das Trinity College wurde 1592 unter der Schirmherrschaft Königin Elisabeths I. gegründet und trug zunächst den Namen College of the Holy and Undivided Trinity. Der Campus lag damals noch außerhalb der Stadtmauern, auf dem Gelände der vormaligen Priory of All Hallows, und war ausschließlich protestantischen Studenten und Lehrenden zugänglich, da das College vor allem die Tudor-Herrschaft in Irland konsolidieren sollte. Diese strikten konfessionsbezogenen Restriktionen wurden erst nach etwa 200 Jahren gelockert. Gar noch bis 1904 sollte es dauern, bis das Trinity College auch Frauen offiziell die Türen öffnete. Heute gehört es zu den weltweit renommiertesten Universitäten und zählt fast 20.000 Studierende aus aller Welt.

Die Old Library und das Book of Kells

Der Höhepunkt unseres Besuchs ist natürlich die Alte Bibliothek, in der nicht nur die älteste Harfe Irlands, die Brian Boru's Harp, bewahrt wird, sondern vor allem das legendäre Book of Kells.
Das geschichtsträchtige Gebäude wurde nach 20 Jahren Bauzeit 1732 eröffnet und bietet seither Platz für circa 200.000 der ältesten Handschriften, gedruckten Bücher und Archivalien der Bibliothekdes Trinity College. Der Hauptraum des Gebäudes ist der prächtige Long Room, eine 65 Meter hohe, zweistöckige Halle mit beeindruckendem Holzgewölbe und wunderschönem historischem Interieur. Heute wird dieser zusätzlich von einer atemberaubenden Kunstinstallation geschmückt: „Gaia“. Dieses Kunstwerk ist eine kugelförmige Skulptur, die über dem Mittelgang hängt – eine beleuchtete und detaillierte Darstellung der Erde, die von dem renommierten Künstler Luke Jerram geschaffen wurde.

Dem Book of Kells sind gleich mehrere Räume der Alten Bibliothek gewidmet. Die Handschrift selbst wird in einer eigenen „Schatzkammer“ in gedimmtem Licht präsentiert (Fotografieren ist darin leider nicht erlaubt). Dabei ist immer eine aufgeschlagene Doppelseite in einem ihrer vier Bände zu sehen, um das wertvolle Manuskript bestmöglich zu konservieren. Bei unserem Besuch können wir zwei Schriftseiten des Markusevangeliums bestaunen, die mit wunderbaren zoomorphen, goldgeschmückten Initialen versehen sind. Gerade auch diese Initialen sind es, die den Ruf des Book of Kells begründet haben.

Seinen Namen bekam das wohl noch im 8. Jahrhundert auf der schottischen Insel Iona entstandene frühmittelalterliche Meisterwerk durch seinen langen Aufenthalt in der irischen Abtei von Kells. Dorthin retteten die Mönche von Iona sich und ihren Buchschatz vor zunehmenden Wikingerüberfällen. Obwohl im Laufe der Zeit sein originaler prunkvoller Goldeinband gestohlen wurde, gilt es heute neben dem Book of Lindisfarne als das wohl bedeutendste Werk der frühen insularen Buchkunst und wurde 2011 nicht umsonst zum Weltkulturerbe erklärt. Die schottischen (und irischen) Mönche schufenaus kostbarsten Materialienfesselnde Miniaturen, atemberaubende Flechtbandinitialen und kunstvolle Kalligrafie, die ihresgleichen sucht.

Der kostbare Höhepunkt der frühmittelalterlichen insularen Buchmalerei

Auf besondere Weise erfahrbar wird dieses Juwel frühmittelalterlicher Buchmalerei für uns zudem in der zugehörigen Ausstellung The Book of Kells 360, die seine faszinierende Illumination mittels überlebensgroßer Animationen dreidimensional visualisiert.

Wunderbare Buchkunst in der Chester Beatty Library

Nach dem Besuch des Trinity College geht es weiter zur nah gelegenen Chester Beatty Library. Sie wurde ursprünglich als Privatbibliothek des amerikanischen Unternehmers Sir Alfred Chester Beatty (1875–1968) gegründet und befindet sich seit 1995 im sogenannten Clock Tower Buildingvon 1820, das zum Dublin Castle-Komplex gehört. Die Bibliothek, die eigentlich ein Museum ist, beherbergt einige der bedeutendsten Sammlungen antiker, persischer, islamischer, ost- und südostasiatischer, aber auch westeuropäischer Handschriften und früher Drucke. Besonders berühmte Stücke sind etwa das Beatty Rosarium, der Quran of Ibn al-Bawwab sowie die antiken Papyrus-Fragmente mit biblischen Texten P45 und P46.

Aktuell ausgestellt waren in zwei umfangreichen Ausstellungen neben diversen Schreibwerkzeugen und Illuminationsmaterialien zahlreiche wunderschöne Buchschätze – darunter ein beeindruckendes italienisches Graduale, eine farbenprächtige armenische Evangelienhandschrift, eine prächtig illuminierte, usbekische Handschrift mit der Geschichte des Propheten Yusufs sowie eine märchenhafte Anthologie persischer Poesie. Der Eintritt ist, wie übrigens in allen irischen öffentlichen Museen, kostenlos.

Dublin – immer einen Besuch wert!

Auch wenn für uns natürlich die Bücher im Mittelpunkt standen, Dublin wäre auch ohne diese immer einen Besuch wert. Das Nationalmuseum von Irland etwa beherbergt großartige Kunstschätze aus der Frühgeschichte und der Wikingerzeit, im Naturkundemuseum begeistern nicht nur die Exponate, sondern auch die beeindruckende Architektur. Man kann sich durch die Stadt und deren legendäre Pubs treiben lassen, sich etwa die Guinness-Brauerei und zahlreiche Whisky-Destillerien ansehen, südlich der Stadt überrascht eine atemberaubende Natur und das Meer samt großartiger Wandermöglichkeiten entlang der Klippen ist keine Stunde entfernt. Und nicht zuletzt gehören die Menschen dort zu den gastfreundlichsten, die wir auf unseren vielen Reisen getroffen haben.