Insulare Buchmalerei
Die insulare Buchmalerei gilt als eine der frühesten, schönsten und einflussreichsten Kunstbewegungen des Mittelalters. Von Missionaren aus Rom auf die Britischen Inseln gebracht. erlangte sie ihre Blütezeit zwischen dem 6. und 9. Jahrhundert mit einer Formensprache, in der sich keltisch-irische, germanisch-angelsächsische und klassische Kunsttraditionen der Spätantike zu einem eigenständigen, unverwechselbaren Stil verbanden.
Erkennbarstes Merkmal ihrer Ästhetik ist der reichhaltige Einsatz von Flechtwerkmuster, auch bekannt als keltisches Knotenmuster, die ursprünglich auf das Dekor der feinen Metallarbeiten der Angelsachsen zurückgehen. Kunstvoll verzierte Initialen, Randverzierungen und Teppichseiten sind weitere Kennzeichen der insularen Illumination, ebenso zoomorphe Motive, in denen sich Tierfiguren mit Flechtwerkdekor verbinden. Sie spiegeln den "Horror vacui" wider, die Angst vor dem leeren Raum, in dem sich der Teufel ansiedeln könnte.
Nachdem Missionare wie St. Patrick den christlichen Glauben auf die britischen Inseln brachten und damit unbewusst die lateinische Sprache retteten, gingen Mönche später von dort zurück auf das Festland und gründeten dort Klöster, wie der Heilige Willibrord in Echternach. Der Einfluss der insularen Kultur gelangte mit Alcuin, dem Berater Kaiser Karls des Großen vielleicht auf ihren Höhepunkt, wenngleich die Errungenschaften der Buchmalerei (etwa ganzseitige Initialzierseiten) über Jahrhunderte die europäische Buchkunst prägten. Nicht zuletzt trug die Modifizierung der lateinischen Majuskelschrift durch verschiedene Verzierungen, die von keltischen Schreibern vorgenommen wurde, zur Herausbildung unserer modernen Schriften bei.