Kostümbücher

Mittelalterliche Bilderhandschriften sind eine wahre Fundgrube an kulturhistorisch wichtigen und interessanten Informationen, die von Historikern und Laien gleichermaßen hochgeschätzt werden. Besonders eindrückliche Einblicke bieten sie im Hinblick auf die Art und Weise, wie sich die Menschen im Mittelalter kleideten. Manche Handschriften liefern uns gewissermaßen beiläufig, allein aufgrund ihres Bildprogramms, aufschlussreiche Details zur mittelalterlichen Mode, wie etwa die Kalenderbilder der Stundenbücher, die monatstypische landwirtschaftliche Arbeitsvorgänge und andere typische Szenen mittelalterlichen Lebens zeigen.

Gerade im Spätmittelalter hingegen tauchen Werke auf, deren Absicht ausdrücklich ist, die Kleidermoden verschiedener Regionen der Welt zu dokumentieren und zu beschreiben. Diese sogenannten Kostümbücher, wie etwa jenes von Lambert de Vos zu den Trachten des Osmanischen Reiches oder der Codex der Trachten und Kostüme, der für Kaiser Karl V. angefertigt wurde, um ihm einen Eindruck von den vielen Völkern seines Weltreichs zu geben, in dem die "Sonne niemals untergehe". Bilderhandschriften dieser Art gehören heute zu den wertvollsten Quellen für Mittelalterhistoriker und Mode-Connoisseurs.

Veranschaulichung anhand einer Beispielseite

Kostümbuch des Lambert de Vos

Zwei bulgarische Frauen

Die Bulgaren waren ein türkisches Nomadenvolk, das sich im 7. Jahrhundert entlang der Steppenlandschaft an der unteren Wolga niederließ und allmählich nach Westen zog. Sie hatten recht komplexe Beziehungen zu den Byzantinern; zunächst fungierten sie als einer ihrer größten Verbündeten im Westen, doch später wurden sie zu Feinden Konstantinopels. Bulgarien wurde schließlich 1396 von den Türken erobert und erlangte erst 1908 seine Unabhängigkeit.

Dies ist eine seltene Darstellung von zwei Frauen in bodenlangen Kleidern, weil sie Bürger und obendrein Muslime sind. Eine hält einen Korb mit Eiern im Arm und hat einen olivfarbenen Teint, während die Frau mit dem Fladenbrot mit ihr ins Geschäft kommen will. Sie sind ein Spiegelbild der polyglotten Mischung aus türkischen, iranischen, slawischen, thrakischen, griechischen und anderen Völkern, die unter der bulgarischen Kriegerelite lebten.