Sakramentar von Beauvais
Die Ăberlieferung so geschichtstrĂ€chtiger Zeitzeugen, wie es mittelalterliche Codices sind, geht manchmal ihre eigenen Wege: So sind von diesem Sakramentar von Beauvais heute nur noch 10 feine und mit besonders viel Gold und Silber verzierte Seiten erhalten. Drei von ihnen sind in Goldschrift auf Purpurgrund geschrieben. Grund fĂŒr den Verlust der ĂŒbrigen Seiten war die Profitgier eines BuchhĂ€ndlers im frĂŒhen 19. Jahrhundert, der das kostbare Manuskript zerteilte, um durch den Verkauf der einzelnen Partien einen höheren Gewinn erzielen zu können. Als FĂŒrstbischof Roger von Champagne (gest. 1016), der Bischof von Beauvais, das Sakramentar in Auftrag gab, enthielt es die Messtexte des Priesters nicht fĂŒr das gesamte Kirchenjahr, sondern nur die fĂŒr besondere AnlĂ€sse; Ostern, Weihnachten und Christi Himmelfahrt finden sich unter den heute noch erhaltenen Seiten, was die besonders prĂ€chtige Ausstattung der Seiten erklĂ€rt.
Sakramentar von Beauvais
Das Sakramentar von Beauvais in der Sammlung des J. Paul Getty Museums in Los Angeles (Ms. Ludwig V 1) ist eine von zwei aufwendigen liturgischen Handschriften, die mit ziemlicher Sicherheit in Nordfrankreich von einem italienischen Schreiber angefertigt wurden, der die BĂ€nde möglicherweise sogar selbst illuminiert haben könnte. Von dem ursprĂŒnglichen Buch sind nur zehn BlĂ€tter bis heute erhalten geblieben, die sich aber durch ihre Schönheit und den groĂzĂŒgigen Gebrauch von Gold und - noch bemerkenswerter - Silber auszeichnen. Unter den erhaltenen BlĂ€ttern befinden sich drei Seiten mit in Gold geschriebenem Text auf gemaltem Purpurgrund, eine atemberaubende ganzseitige Kreuzigungsszene und eine fast ganzseitige Initiale in Gold und Silber, sowie kleinere gemalte Initialen. Die gesamte Handschrift war den Kanonikern der Kathedrale von Beauvais im 17. Jahrhundert als "Missale des Roger von Champagne" bekannt, und in der Tat wurde das Sakramentar höchstwahrscheinlich auf GeheiĂ von Roger von Champagne (gest. 1022), dem ersten FĂŒrstbischof von Beauvais, geschaffen, der dann auch in einer Inschrift auf einem frĂŒhen Einband genannt wird. Roger war dafĂŒr bekannt, dass er die Kathedrale mit kostbaren GĂŒtern ausstattete, darunter das Sakramentar und zwei weitere prachtvolle liturgische BĂŒcher.
Das Sakramentar - ein Buch mit Gebeten fĂŒr die Heilige Messe
Ein Sakramentar enthĂ€lt die Gebete, die der zelebrierende Priester bei der Messe spricht. Das Sakramentar von Beauvais bewahrt alle eucharistischen Gebete auf, die wĂ€hrend des gesamten liturgischen Jahres gleich bleiben. Unter den verschiedenen Gebeten auf den erhaltenen Seiten sind diejenigen fĂŒr zwei Weihnachtsmessen, Ostern und Christi Himmelfahrt. Das Manuskript, das nie eine vollstĂ€ndige Reihe von Sonntagsgebeten hatte, war eindeutig ein Buch fĂŒr besondere AnlĂ€sse, und die HinzufĂŒgung der Namen der Heiligen Quentin und Cassien zu einem der Gebete deutet darauf hin, dass einer dieser besonderen AnlĂ€sse die Weihe der Kirche des Augustinerklosters Saint-Quentin de Beauvais im Jahr 1069 war, das von Guy, dem Bischof von Beauvais, im Jahr 1067 gegrĂŒndet worden war.
Das Werk eines Meisters
Der begnadete Buchmaler des Sakramentars von Beauvais, der sowohl mit Farben aus Edelmetallen als auch mit traditionelleren Pigmenten arbeitete, war in den Feinheiten des raffinierten Flechtwerks ebenso geĂŒbt wie in der ĂŒberzeugenden Darstellung der menschlichen Figuren. Das Geflecht auf der Kreuzigungsseite und das Geflecht des Buchstabens "D" an Ostern bestehen jeweils aus drei separaten StrĂ€ngen. Auf der Kreuzigungsseite definiert ein einzelner, durchgehender Strang das Kreuz, zwei weitere bilden den Rahmen, die sich alle zu einem zusammenhĂ€ngenden Ganzen verflechten. So ĂŒppig das Geflecht auch sein mag, es lenkt doch nicht von der Konzentration auf die Rolle Christi in der Heilsgeschichte ab. Der KĂŒnstler hat sowohl die menschliche Figur, besonders in der Muskulatur des Oberkörpers Christi, als auch das Pathos des Ereignisses meisterhaft herausgearbeitet.
Ein italienischer Schreiber in Frankreich
Das Werk des Schreibers des Beauvais-Sakramentars findet sich in einem französischen Evangelien-Lektionar, das laut Widmungsinschrift von einem Schreiber "aus Italien geschrieben wurde, der alle Bereiche an intellektueller Brillanz ĂŒbertrifft" (Paris, BibliothĂšque nationale de France, MS lat. 1126). Aspekte seiner Schrift zeigen zudem die Vertrautheit mit MailĂ€nder Konventionen. Mittlerweile konnten sowohl die wunderbare Illumination als auch der meisterliche Text dem Buchmaler Nivardus of Milan zugeschrieben werden. Er war um 1000 aktiv und illuminierte zunĂ€chst Handschriften fĂŒr den MailĂ€nder Bischof, bevor er an die Abtei von Saint-BenoĂźt-sur-Loire berufen wurde, wo er wahrscheinlich dieses prĂ€chtige Sakramentar schuf.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Sacramentary of Beauvais
- Umfang / Format
- 20 Seiten / 23,2 Ă 17,8 cm
- Herkunft
- Frankreich
- Datum
- Um 1025
- Epoche
- Stil
- Sprache
- Schrift
- Karolingische Minuskel Unzialis Capitalis Rustica
- Buchschmuck
- 1 ganzseitige Miniatur der Kreuzigung; 4 Flechtbandinitialen in Gold und Silber, 1 davon ganzseitig und bewohnt; 3 Text- bzw. Incipit-Seite mit Purpurgrund; durchgehende Chrysografie (Goldschrift)
- Inhalt
- Fragmente eines Sakramentars
- Auftraggeber
- Roger, Bischof von Beauvais (gest. 1016)
- KĂŒnstler / Schule
- Nivardus von Milan
- Vorbesitzer
- Walter Sneyd
Charles Fairfax Murray
Charles Williams Dyson Perrins
Hans Peter Kraus
Peter und Irene Ludwig
Sakramentar von Beauvais
Zwei Kletterer
Die verschlungene Zierinitiale auf dieser Seite wird gerahmt von zwei SĂ€ulen, die sich in der oberen BildhĂ€lfte zu goldenen BĂ€umen verĂ€steln. Die oberen Zweige werden just von zwei JĂŒnglingen erklommen, die in komplementĂ€ren GewĂ€ndern daherkommen: so trĂ€gt der linke eine graue Tunika ĂŒber lilafarbenen Beinlingen, der rechte eine lilafarbene Tunika ĂŒber grauen Beinlingen. Mittels roten und schwarzen Konturlinien hob der Miniaturist zudem die glĂ€nzenden goldenen und silbernen Details besonders hervor.
Sakramentar von Beauvais
Kreuzigung â Te Igitur
Diese auĂergewöhnliche Komposition aus Purpur, Silber und Gold wird einem gewissen Nivardus von Mailand (flor. ca. 1000) zugeschrieben. Das Kreuz dieser Kreuzigungsszene bildet den ersten Buchstaben T des eucharistischen Gebets Te igitur. Christus triumphiert hier mit offenen Augen ĂŒber den Tod: goldene Punkte stehen fĂŒr die NĂ€gel in seinen HĂ€nden und FĂŒĂen, aber es ist kein Blut zu sehen und er scheint mehr am Kreuz zu stehen als zu hĂ€ngen.
Die Figuren der Jungfrau Maria und des Apostels Johannes stehen unter dem Kreuz, wobei beide in einer Geste der Traurigkeit eine Hand zum Gesicht fĂŒhren. Dadurch wird der menschliche Aspekt des Leidens besonders vermittelt. Die Gestaltung erinnert, insbesondere was die Haltung von Maria und Johannes betrifft, an Kreuzigungsszenen, die in zeitgenössischen Manuskripten aus der Lombardei zu finden sind.
#1 Das Sakramentar von Beauvais (Echtgold-Ausgabe)
Details zur Faksimile-Edition:
Sprachen: Deutsch, Englisch
Der wissenschaftliche Kommentar wird von Dr. Elizabeth C. Teviotdale (Michigan) erarbeitet und beleuchtet die Entstehung und Geschichte der Handschrift ebenso wie ihr historisches Umfeld.
(1.000⏠- 3.000âŹ)
#2 Das Sakramentar von Beauvais (Normalausgabe)
Details zur Faksimile-Edition:
Sprachen: Deutsch, Englisch
Der wissenschaftliche Kommentar wird von Dr. Elizabeth C. Teviotdale (Michigan) erarbeitet und beleuchtet die Entstehung und Geschichte der Handschrift ebenso wie ihr historisches Umfeld.
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