Ellesmere Chaucer
Eines der bedeutsamsten und berĂŒhmtesten BĂŒcher des englischen Sprachraums: der sogenannte Ellesmere Chaucer, die schönste Handschrift der berĂŒhmten Canterbury Tales von Geoffrey Chaucer (ca. 1343-1400). Die Handschrift entstand im Jahrzehnt nach Chaucers Tod und ist zugleich eines der vollstĂ€ndigsten und aussagekrĂ€ftigsten Exemplare der heute verschollenen Originalhandschriften. Das groĂformatige Manuskript gilt als ein Meisterwerk der spĂ€tmittelalterlichen englischen Buchmalerei und enthĂ€lt mehr als 200 Initialen, die in fantastischen Marginalien eingebunden und in reichen Rot- und Blautönen sowie mit Blattgold ausgefĂŒhrt sind. ZusĂ€tzlich zeigen 23 Miniaturen die verschiedenen ErzĂ€hler sowie Chaucer selbst - eine echte Besonderheit, denn Portraits von mittelalterlichen Autoren sind ausgesprochen selten.
Ellesmere Chaucer
Diese englische Handschrift aus dem frĂŒhen 15. Jahrhundert ist nicht nur eines der am schönsten verzierten Chaucer-Exemplare, sondern auch eines der frĂŒhesten, vollstĂ€ndigsten und maĂgebendsten, da die Originalhandschriften heute verloren sind. Als solches dient es als Basistext fĂŒr die meisten modernen Ausgaben der Canterbury Tales von Geoffrey Chaucer (ca. 1343-1400), der sie zwischen 1387 und 1400 verfasste. Die in Mittelenglisch geschriebene Geschichte dreht sich um eine Gruppe von Pilgern, die auf dem Weg zur Kathedrale von Canterbury sind, um auf ihren Reisen das Grab von Thomas Becket zu besuchen und an einem ErzĂ€hlwettbewerb teilzunehmen. Als solche Ă€hnelt die Handlung strukturell dem Decamerone von Giovanni Boccaccio (1313-1375), mit dem Chaucer wĂ€hrend seiner Aufenthalte in Italien im Auftrag der englischen Krone in Kontakt gekommen sein dĂŒrfte. Der zwischen 1400 und 1410 entstandene Ellesmere Chaucer ist nach dem ehemaligen Besitzer, dem 1. Baron Ellesmere, Sir Thomas Egerton (1540 - 1617) benannt, der auch 1. Viscount Brackley und Mitglied des Geheimrats von Königin Elizabeth I. (1533-1607) war.
Ein Eckpfeiler der englischen Literatur
Es scheint, als sei Chaucer gestorben, bevor er das Werk vollenden konnte â denn obwohl von 31 Pilgern die Rede ist, werden nur 24 Geschichten erzĂ€hlt und die RĂŒckreise nach London fehlt ebenso. Den ErzĂ€hlungen stehen kurze Szenen an der Seite, meist in Form von lebhaftem Austausch und sogar Streit unter den Pilgern, die aus allen Lebensbereichen kommen: Ritter, Priorin, Mönch, Kaufmann, GesetzeshĂŒter, Freisasse, gelehrter Schreiber, MĂŒller, Vogt, Ablassprediger und viele andere. Werke, die einen so breiten Kreis der Gesellschaft abbildeten, waren nahezu unbekannt. Ihre Geschichten reichen von moralisierend bis hin zu regelrecht schlĂŒpfrig und sind offen fĂŒr Interpretationen, was dazu beitrĂ€gt, ihren anhaltenden Reiz zu erklĂ€ren. Die vorliegende Handschrift ist vermutlich das Werk des Schreibers Adam Pinkhurst, der bereits zu Lebzeiten fĂŒr Chaucer gearbeitet hat. Die Ăberarbeitungen des Ellesmere-Manuskripts legen die Vermutung nahe, dass sie von jemandem vorgenommen wurden, der den Autor und seine Absichten kannte und der Zugang zu frĂŒheren EntwĂŒrfen gehabt haben könnte.
Ein kĂŒnstlerisches Meisterwerk
Der Ellesmere Chaucer enthĂ€lt 22 der 24 Geschichten, aus denen sich die Geschichten, wie wir sie kennen, zusammensetzen, die mit ĂŒber 200 Initialen in prĂ€chtigem Rot, Blau und Blattgold geschmĂŒckt sind. ZusĂ€tzlich enthĂ€lt er Miniaturen der 22 Pilger am Anfang ihrer jeweiligen Geschichten, die ebenfalls mit wunderbaren Marginalien aus verschiedenen Ranken, sogenannten Demi-vinet-BordĂŒren, geschmĂŒckt sind. Diese zeichnen sich durch ihre groĂe Raffinesse und Detailgenauigkeit aus und weisen darauf hin, dass die verantwortlichen KĂŒnstler, vielleicht drei an der Zahl, aus East Anglia stammten. Eine weitere Miniatur ist ein PortrĂ€t von Chaucer, was als echte Besonderheit gelten muss, denn Darstellungen mittelalterlicher Autoren sind ausgesprochen selten, auch wenn das PortrĂ€t ein Jahrzehnt nach Chaucers Tod entstanden ist. Das groĂe Format der Handschrift, das 40 x 28,4 cm misst, lieĂ sowohl dem Schreiber als auch dem fĂŒr die Illumination und die Miniaturen verantwortlichen KĂŒnstlerteam viel Raum fĂŒr eine elegante und ĂŒbersichtliche Gestaltung. Dieses Meisterwerk ist unglaublich gut erhalten, weil es 300 Jahre lang unberĂŒhrt in der Bibliothek der Barone von Ellesmere lag, bevor man sich in der Huntington Library professionell darum kĂŒmmerte und es 1995 neu band, um sicherzustellen, dass die 240 BlĂ€tter ihren ausgezeichneten Zustand behalten.
"Margery seynt John ys a shrew!"
Viele illuminierte Handschriften tragen Indizien ihrer Besitzgeschichte in sich, wie z.B. Wappenschilder von Adeligen, die sie besaĂen, oder Notizen von Bibliothekaren, die sie katalogisierten. Aber nur wenige haben die Art von reichen "Graffiti", die das Vorsatz des Ellesmere Chaucer aufweist. Am auffĂ€lligsten ist die in einer Schrift aus dem 16. Jahrhundert geschriebene Anklage, dass jemand namens Margery St. John ein Spitzel ist. Die arme Margery wurde daraufhin jahrhundertelang durch dieses Vorsatz verleumdet, aber ihre IdentitĂ€t und die der Hand, die sie beleidigte, sind nicht bekannt. Der Ausbruch könnte ebenso gut das Ergebnis einer Geschwisterfehde sein wie unerwiderte Liebe. Diese und viele andere derartige EintrĂ€ge in den dem Text vorausgehenden und nachfolgenden BlĂ€ttern enthalten die Namen Robertus Drury, Thomas Calthorpp und Edwarde Waldegrave, der zufĂ€llig zwei Cousins namens Margery St. John hatte. ZusĂ€tzlich findet man einige Verszeilen in Latein und Englisch, daneben SchreibĂŒbungen, Kritzeleien und Federproben. Die Handschrift kam 1917 in die Vereinigten Staaten und war ein Höhepunkt in der Sammlung von 8000 frĂŒh gedruckten BĂŒchern und 13000 Handschriften zu vielfĂ€ltigen Themen aus dem Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert, die John Francis Granville Scroop Egerton (1872-1944), 4. Earl of Ellesmere, an den amerikanischen Eisenbahnmagnaten Henry E. Huntington (1850-1927) verkaufte. Heute stellt die Handschrift einen Höhepunkt der Sammlungen der wunderschönen Huntington Library in San Marino, Kalifornien, dar.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- The Canterbury Tales. The New Ellesmere Chaucer
Ellesmere Manuscript of the Canterbury Tales
The New Ellesmere Chaucer - Umfang / Format
- 480 Seiten / 40,0 Ă 28,4 cm
- Herkunft
- GroĂbritannien
- Datum
- FrĂŒhes 15. Jahrhundert
- Stil
- Genre
- Sprache
- Schrift
- Anglicana
- Buchschmuck
- 22 figĂŒrliche Darstellungen, ĂŒber 200 Zierinitialen mit immensen RankenauslĂ€ufern
- Inhalt
- Canterbury Tales
- KĂŒnstler / Schule
- Schule von East Anglia
- Vorbesitzer
- John de Vere, 12. Earl of Oxford
Sir Thomas Egerton, 1. Baron Ellesmere
#1 The Canterbury Tales. The New Ellesmere Chaucer
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Englisch
(7.000⏠- 10.000âŹ)
#2 The Canterbury Tales: the New Ellesmere Chaucer (Ungebundene Ausgabe)
(unter 1.000âŹ)
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