Codex Amiatinus
Der Codex Amiatinus ist die Ă€lteste erhaltene Version der Bibel, die den vollstĂ€ndigen Text der Vulgata des heiligen Hieronymus bietet, und stammt aus dem angelsĂ€chsischen England um 700. Sie ist darĂŒber hinaus die Ă€lteste einbĂ€ndige Bibel, die bis in die Gegenwart erhalten geblieben ist. UrsprĂŒnglich als Geschenk an den Papst nach Rom geschickt, verbrachte die Handschrift die meiste Zeit in der Bibliothek der Abtei San Salvatore am Berg Amiata in der Toskana, woher auch ihr Name stammt. Sie stellt die zuverlĂ€ssigste Wiedergabe des Opus maximum des heiligen Hieronymus dar, was sie fĂŒr Theologen und Kunsthistoriker gleichermaĂen unschĂ€tzbar macht.
Codex Amiatinus
Im spĂ€ten 4. Jahrhundert vollendete der heilige Hieronymus (347-420) den Auftrag von Papst Damasus I. (ca. 305-384): Seine lateinische Ăbersetzung der Bibel wurde als Vulgata bekannt und entwickelte sich zum maĂgeblichen Bibeltext nicht nur des Mittelalters. Sie ersetzte nach und nach eine frĂŒhere lateinische Ăbersetzung und wurde auch vom Konzil von Trient (1545-63) als offizielle lateinische Bibel bestĂ€tigt. Die "Sixto-clementina", eine nach ihren Auftraggebern Sixtus V. und Clemens VIII. benannte Version der Vulgata, wurde 1592 zum Standard und blieb es bis zur Promulgation der Nova Vulgata im Jahr 1979. Die Provenienz der vorliegenden Handschrift, des Codex Amiatinus, wurde lange Zeit von Gelehrten diskutiert, die behaupteten, er stamme aus so weit auseinander liegenden Orten wie Nordengland oder SĂŒditalien. Er ist benannt nach dem Berg Amiata in der Toskana, wo er lange Zeit in der Abbazia di San Salvatore aufbewahrt wurde. Unbestritten ist die Tatsache, dass es sich um das Ă€lteste erhaltene vollstĂ€ndige Manuskript der Vulgata sowie um die Ă€lteste Bibel in einem Band handelt. Nur das unvollstĂ€ndige LeĂłn Palimpsest aus dem 7. Jahrhundert ist Ă€lter. DarĂŒber hinaus stellt der Codex Amiatinus die zuverlĂ€ssigste Transkription des Opus magnum des heiligen Hieronymus dar, was es fĂŒr Theologen und Kunsthistoriker gleichermaĂen von unschĂ€tzbarem Wert macht. Dieser gewaltige Foliant misst 54 x 33,5 cm, enthĂ€lt ĂŒber 1.000 BlĂ€tter und wiegt stolze 50 Kilogramm!
Eine umstrittene Herkunft
Die Bestimmung der Herkunft des Codex Amiatinus wurde durch die Tatsache erschwert, dass die Widmungsseite ausgetauscht wurde. Angelo Maria Bandini (1726-1803), Hauptbibliothekar der berĂŒhmten Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz, stellte die Theorie auf, dass Servandus, ein Freund des heiligen Benedikt (ca. 480 - ca. 547), das Manuskript veranlasst habe und dass es um 540 in der Abtei Montecassino, einem sehr bedeutenden Zentrum fĂŒr Kunst und Kultur, geschaffen worden sei. Diese fĂŒr die nĂ€chsten hundert Jahre akzeptierte Hypothese wurde jedoch von deutschen Gelehrten widerlegt, die erstmals Ăhnlichkeiten mit Texten aus dem 9. Jahrhundert bemerkten. SchlieĂlich stellte Giovanni Battista de Rossi (1822-94), ein italienischer ArchĂ€ologe, 1888 fest, dass diese Handschrift eines von drei Bibel-Exemplaren war, die 692 vom Abt Ceolfrid (ca. 642-716) in Auftrag gegeben worden waren: Er stand damals der Monkwearmouth-Jarrow Abbey, einem Doppel-Benediktinerkloster im Königreich Northumbria in England, vor. Einer der GrĂŒnde fĂŒr diese Verwirrung liegt darin, dass die beiden ganzseitigen Miniaturen in der Handschrift nicht die typische Ăsthetik insularer Illumination aufweisen, sondern eindeutig nach Vorbildern aus der SpĂ€tantike, und zwar in einem im Skriptorium von Montecassino beliebten Stil, gestaltet sind. Die Tatsache dieses ungewöhnlichen kĂŒnstlerischen Programms macht die Handschrift umso einzigartiger.
Die 1300jÀhrige Reise der Bibel
Die drei AuftrĂ€ge von Abt Ceolfrid waren so groĂ, dass die Abtei zusĂ€tzliches Land erwerben musste, um die 2000 Rinder zu zĂŒchten, die fĂŒr die Produktion der notwendigen Menge an Pergament erforderlich waren. Der Codex Amiatinus stammt etwa aus dem Jahr 700 und kann mit Sicherheit als die Ă€lteste Vulgata-Fassung und die Ă€lteste erhaltene lateinische Bibel in einem Band angesehen werden. Ceolfrid beabsichtigte, das Manuskript Papst Gregor II. persönlich zu ĂŒberreichen, aber er starb unterwegs am 29. September 716 in Burgund. Die Handschrift befand sich ab dem 9. Jahrhundert in der Bibliothek der Abtei des Erlösers auf dem Berg Amiata in der Toskana, wo sie bis 1786 verblieb, als sie dann in den Bestand der Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz aufgenommen wurde. In dieser Zeit, genauer gesagt 1586, beorderte Papst Sixtus V. (1521-90) das Manuskript nach Rom, damit es von Gelehrten fĂŒr eine neue, maĂgebliche lateinische Ăbersetzung konsultiert werden konnte, aber es scheint tatsĂ€chlich sehr wenig fĂŒr die neue Vulgata Sixtina* verwendet worden zu sein. Der Codex Amiatinus spielte jedoch eine entscheidende Rolle bei den nachfolgenden Versuchen, die angesammelten Fehler der Vulgata zu korrigieren, zuerst durch den spĂ€teren Bischof von Salisbury, John Wordsworth (1843-1911), und 1907 erneut durch ein Team von Benediktinermönchen, die von Papst Pius X. (1835-1914) mit der Erstellung einer kritischen Neuausgabe der Vulgata des heiligen Hieronymus beauftragt worden waren. **Nach 1 302 Jahren kehrte das Manuskript schlieĂlich 2017 fĂŒr eine Ausstellung angelsĂ€chsischer Handschriften in der British Library nach England zurĂŒck. Dies also ist das bisherige und bewegte Leben einer der Ă€ltesten und bedeutendsten biblischen Handschriften der Welt.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- La Bibbia Amiatina
Codice Amiatino - Umfang / Format
- 2058 Seiten / 51,0 Ă 34,0 cm
- Herkunft
- GroĂbritannien
- Datum
- 700â715
- Epoche
- Stil
- Genre
- Sprache
- Schrift
- Römische Unzialis Capitalis Rustica
- Buchschmuck
- 2 ganzseitige Miniaturen, 7 illuminierte Kanontafeln, 4 weitere illuminierte Seiten, 9 kalligrafische Initialen, 3 Schrift-Schemata
- Inhalt
- Vulgata mit ergÀnzenden Texten und Prologen
- Auftraggeber
- Abt Ceolfrith
- Vorbesitzer
- Gregor II.
Kloster San Salvatore di Monte Amiata
#1 La Bibbia Amiatina
Details zur Faksimile-Edition:
(3.000⏠- 7.000âŹ)
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