Aurora Consurgens

Aurora Consurgens – Millennium Liber – MS Ger. Qu. 848 – Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz (Berlin, Deutschland)

Deutschland — Erstes Viertel des 16. Jahrhunderts

Arabische Alchemie mit der Ästhetik der italienischen Renaissance in einer deutschen Handschrift: Immer noch ungelöste RĂ€tsel geheimnisvoller Miniaturen aus dem 16. Jahrhundert

  1. Der Text basiert auf dem Werk des Àgyptischen Alchemisten Ibn Umayl (ca. 900 - ca. 960)

  2. Es ist noch umstritten, ob Thomas von Aquin (1225-74) diesen Kommentar zur lateinischen Übersetzung verfasst haben könnte

  3. 31 Miniaturen setzen alchemistische Prinzipien in prachtvollen metaphorischen Darstellungen um

Aurora Consurgens

MS Ger. Qu. 848 Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz (Berlin, Deutschland)
  1. Beschreibung
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Beschreibung
Aurora Consurgens

Diese faszinierende alchemistische Abhandlung aus Deutschland verbindet arabische und italienische Vorbilder zu einem wunderbaren kĂŒnstlerischen Programm aus 31 rĂ€tselhaften Miniaturen. Die Handschrift aus dem frĂŒhen 16. Jahrhundert ist eine feine Kopie der Aurora Consurgens oder "Aufgehende Morgenröte", einem Kommentar zur lateinischen Übersetzung von al-Mā' al-WaraqÄ« oder "Das silberne Wasser". Diese Schrift, ein echter Klassiker der islamischen Alchemie, wurde im 10. Jahrhundert von Ibn Umail geschrieben, der im lateinischen Westen auch als Senior Zadith bekannt ist. Alchemistische Prinzipien werden metaphorisch in Bildern mit meisterhaft gezeichneten menschlichen und tierischen Figuren sowie faszinierenden durchsichtigen Phiolen dargestellt.

Aurora Consurgens

Dieses alchemistische Traktat fasziniert nicht nur wegen seiner rĂ€tselhaften Miniaturen, sondern auch auf Grund seines strittigen Verfassers, wobei diesen einige in der Person des berĂŒhmten Philosophen und Theologen Thomas von Aquin (1225-74) zu entdecken meinen. Das vorliegende Exemplar der Aurora Consurgens, also der "Aufgehenden Morgenröte", entstand im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts in SĂŒddeutschland. Alchemistische Prinzipien werden in 31 prachtvollen Aquarellminiaturen metaphorisch veranschaulicht, wie z. B. Quecksilber als Schlange. Von anderen Ă€hnlichen Handschriften unterscheidet sich die Handschrift durch ihre Signatur in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, MS. Germ. qu. 848.

Faszinierende Bildsprache

Große, quadratisch gerahmte Initialen aus AkanthusblĂ€ttern und -blĂŒten sowie Miniaturszenen auf einer Wiese mit teils bizarren Felsformationen oder BĂ€umen faszinieren den Betrachter. Die Figuren sind schlank, aber wohlproportioniert und muskulös, mit weich drapierten GewĂ€ndern, modischen Frisuren und fließenden Bewegungen. Phiolen sind mit außergewöhnlicher PlastizitĂ€t und Transparenz dargestellt und die flache Farbpalette wurde mit weichen Abstufungen und Details gestaltet bis hin zu Grashalmen, die mit feinen Pinselstrichen aufgetragen sind. Sowohl der Text als auch der Bildzyklus lehnen sich eng an das Ms. Rh. 172 in der Zentralbibliothek in ZĂŒrich an und die Miniaturen weisen auf italienische Vorbilder hin, besonders in der modischen Akzentuierung der Menschendarstellung. Menschliche und tierische Fortpflanzung wurde oft als alchemistische Metapher verwendet, und in einigen Handschriften, so auch hier, findet sich eine Szene mit zwei Liebenden in einem Bett - diese wurde hier jedoch von einem etwas prĂŒden Vorbesitzer ausgeschabt.

Die arabische Vorlage

Eine ganze Gruppe von Manuskripten sind Abschriften eines Kommentars zur lateinischen Übersetzung von al-Mā' al-WaraqÄ«, "Das silberne Wasser", einem Klassiker der islamischen Alchemie, im 10. Jahrhundert von Ibn Umayl verfasst, der im Westen Senior Zadith heißt. Seine Schrift wurde im 12. oder 13. Jahrhundert ins Lateinische ĂŒbersetzt und fand unter den europĂ€ischen Alchemisten weite Verbreitung in einem Text, der oft als Senioris Zadith tabula chymica oder Die chemischen Tabellen des Senior Zadith bezeichnet wird. Der Beweis dafĂŒr ist deutlich zu sehen, wenn man die Miniaturen in lateinischen und arabischen Handschriften vergleicht, die einen weisen alten Mann zeigen, der in einem Heiligtum mit zwei RĂ€umen sitzt und eine Tafel mit symbolischen Piktogrammen hĂ€lt. Man sieht jeweils eine Gruppe von drei Personen, die in seine Richtung zeigen, und neun Vögel, die Waffen halten, fliegen ĂŒber ihm. Die arabische Version zeigt ihn dabei in einem Ă€gyptischen Tempel, wĂ€hrend die lateinische Version ihn in einer Kirche sitzend zeigt.

Das Werk des Thomas von Aquin?

Forscher diskutieren, ob der Originaltext der Aurora consurgens dem großen Thomas von Aquin zugeschrieben werden kann oder nicht. Diejenigen, die ihn als "Pseudo-Thomas"-Handschrift einstufen, behaupten, dass es stilistisch keine Übereinstimmungen mit dem Aquinaten gebe. FĂŒr Thomas als Autor spricht, dass der Autor sowohl in der Bibel als auch in der Liturgie außergewöhnlich bewandert gewesen sein muss, andererseits jedoch nur selten klassische alchemistische Texte zitiert, und niemals chemische Rezepte oder technische Anweisungen erwĂ€hnt. Auch der Lobpreis des Autors auf die Armen könnte auf einen Dominikanermönch hindeuten. Als Gegenargument gegen die stilistische Uneinheitlichkeit bringen die BefĂŒrworter hervor, dass der leidenschaftliche Stil damit erklĂ€rbar sei, dass er den Geisteszustand eines Sterbenden widerspiegle. Dies steht im Einklang mit der Biographie des Thomas, der vor seinem Tod noch eine beunruhigende Vision gehabt haben soll. Insofern könnte dieses Werk die letzten Worte des großen Theologen und Philosophen darstellen - oder eben auch nicht. DarĂŒber streiten sich die Gelehrten bis heute, aber eine anregende Hypothese ist es allemal!

Kodikologie

Alternativ-Titel
Aurora Consurgens
Berlin Aurora Consurgens
Herkunft
Deutschland
Datum
Erstes Viertel des 16. Jahrhunderts
Sprache
Buchschmuck
37 Miniaturen
Inhalt
Alchemistisches Traktat mit einem Kommentar von Pseudo-Aquinas zur lateinischen Übersetzung des Buches ĂŒber das Silberwasser und die Sternenerde von Ibn Umail

VerfĂŒgbare Faksimile-Editionen:
Aurora Consurgens – Millennium Liber – MS Ger. Qu. 848 – Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz (Berlin, Deutschland)
Millennium Liber – Madrid, 2022
Faksimile-Editionen

#1 Aurora Consurgens

Millennium Liber – Madrid, 2022

Details zur Faksimile-Edition:

Verlag: Millennium Liber – Madrid, 2022
Kommentar: 1 Band von Alejandro García Avilés und Carlos Espí Forcén
Sprache: Spanisch
Faksimile: 1 Band Detailnahe Reproduktion des gesamten Originaldokuments (Umfang, Format, Farbigkeit). Der Einband entspricht möglicherweise nicht dem ursprĂŒnglichen oder aktuellen Dokumenteneinband.
Ausgabe bei uns verfĂŒgbar
Preiskategorie: €€
(1.000€ - 3.000€)
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