Lehrbücher und Fibeln
Die aufwendig gestalteten Fibeln, mit denen Kinder hochgeborener und königlicher Familien im Mittelalter das Alphabet und das Lesen lernten, gehören zu den seltensten Handschriftenarten, die uns aus dem Mittelalter erhalten geblieben sind. In einer Zeit, in der die Herstellungskosten eines Buches exorbitant waren, waren die meisten Fibeln einfache Arbeitsbücher, die dem Schüler, der hauptsächlich durch Memorieren und Rezitieren lernte, Anleitung boten.
Illuminierte Fibeln hingegen waren ein echter Luxus und wurden in der Regel nur für Kinder von Königsfamilien, wie beispielsweise Claude de France oder Maximilian I., angefertigt. Sie enthielten üblicherweise das Alphabet, gefolgt von den wichtigsten Gebeten und verschiedenen Sprüchen, die dem jungen Adepten Halt in der Ausbildung geben sollten.
Einige besonders kostbare Ausgaben darunter wurden von großen Meistern angefertigt, die dabei keine geringere Kunstfertigkeit walten ließen als bei Aufträgen für Erwachsenenausgaben. In Lesebüchern für Fortgeschrittene fanden sich gewöhnlich Auszüge aus der Bibel sowie Texte von antiken Autoren wie Vergil, die als stilistische Vorbilder der lateinischen Grammatik dargeboten wurden. Darüber hinaus waren allgemeine Nachschlagewerke üblich, angefangen von umfassenden Enzyklopädien, Anleitungen zur medizinischen Selbstbehandlung bis hin zu Büchern über die Liebeskunst. Die Bandbreite verschiedenster Lehrbücher gewährt einen einzigartigen Einblick in die mittelalterliche Denkweise und Weltanschauung.