Rolandslied des Pfaffen Konrad
Das aus dem 11. Jahrhundert stammende Rolandslied ist das Ă€lteste erhaltene gröĂere Werk der französischen Literatur und das berĂŒhmteste Beispiel fĂŒr ein Chanson de geste oder "Lied der Kriegstaten". Im Mittelpunkt der ErzĂ€hlung steht die Figur Rolands, eines Ritters und Hauptmanns im Dienste Karls des GroĂen, der als AnfĂŒhrer der Nachhut des frĂ€nkischen Heeres bei der Schlacht am Pass von Roncevaux 778 in einen Hinterhalt geriet und starb. Diese ausgeschmĂŒckte NacherzĂ€hlung der Schlacht und der sie umgebenden Ereignisse wurde von Troubadouren zur Unterhaltung der ritterlichen Klasse vorgetragen und ist in zahlreichen illuminierten Manuskripten ĂŒberliefert. Ein deutscher Dichter namens Konrad der Pfaffe ĂŒbersetzte das Werk um 1170, wahrscheinlich in Regensburg, aus dem Französischen in den bayerischen Dialekt und ersetzte die spezifisch französischen Themen durch breitere christliche Themen. Die vorliegende Handschrift entstand Ende des 12. Jahrhunderts und ihr sauber geschriebener Text wird von 39 halbseitigen Miniaturen geschmĂŒckt. Obwohl sie unkoloriert sind, sind sie offensichtlich das Werk einer geschickten Hand und illustrieren die geschilderten Ereignisse sehr anschaulich.
Rolandslied des Pfaffen Konrad
Das Rolandslied des Pfaffen Konrad ist eine Bearbeitung des berĂŒhmten Heldenepos Das Rolandslied aus dem 12. Jahrhundert von Konrad dem Pfaffen, ĂŒber den selbst fast nichts bekannt ist. Es handelt sich um eine deutsche Ăbersetzung, in der Konrad u. a. das bayerische Volk und seinen Herzog lobte und hĂ€ufig bayerische Namen und Orte erwĂ€hnte. Der Kreuzfahrergeist ist zwar schon im Original zu erkennen, wird aber in Konrads Fassung noch deutlicher, die zudem das Thema des frĂ€nkischen Patriotismus durch einen stĂ€rker religiösen Ton ersetzt. Karl der GroĂe wird als idealer christlicher Herrscher dargestellt, und Roland ist der Archetyp des christlichen Kriegers, des miles Christi, der lieber den MĂ€rtyrertod in Kauf nimmt, als sich zu entehren. Die Ă€lteste und maĂgebliche Handschrift des Werks wurde bei einem Brand wĂ€hrend der Belagerung von StraĂburg im Jahr 1870 zerstört; die hier vorgestellte Heidelberger Handschrift ist die umfangreichste und wichtigste der erhaltenen Abschriften und Fragmente. In ihr sind die 9.094 Verse des in gereimten Couplets verfassten Textes durch **39 unkolorierte, aber meisterhafte halbseitige Miniaturen illustriert.
Christliches Heldentum
Die beiden Hauptthemen des Rolandsliedes sind der christliche Glaube und das selbstlose Heldentum, die in der mittelalterlichen christlichen Vorstellung von einem Helden verkörpert sind: mutig, tapfer und mit auĂergewöhnlicher Kraft und Geschicklichkeit auf dem Schlachtfeld sowie mit christlichen Tugenden. DarĂŒber hinaus handelt Roland in dem Bewusstsein, dass er fĂŒr den MĂ€rtyrertod im Dienste Gottes auserwĂ€hlt ist, ein weiteres typisches Verhalten von Helden, das im altgermanischen Schicksalsglauben wurzelt. In Konrads Version ist jedoch Karl der GroĂe der eigentliche Protagonist, und deshalb wird sein Text manchmal auch als "Karlslied" bezeichnet. Der Kaiser ist stark, fromm und furchtlos im Kampf gegen die Heiden, sucht aber keinen Ruhm fĂŒr sich selbst, und seine Verbindungen zu Gott sind offensichtlich: So entsprechen z. B. die zwölf Paladine den zwölf Aposteln, Genelun ist eine Judasfigur, und Karl ist ein weiser Richter wie Salomo. Diese göttliche Verbindung untermauert sein kaiserliches Erbe und Karl der GroĂe wird als Nachfolger Christi dargestellt.
Von welchem Herzog Heinrich in Auftrag gegeben?
Der Autor gibt sich im Nachwort zu erkennen und schreibt, dass er zuerst aus dem Französischen ins Lateinische ĂŒbersetzte, bevor er den deutschen Text erstellte, und erklĂ€rt, dass das französische Original von "Herzog Heinrich" erworben worden sei, der das Werk in Auftrag gegeben hatte. Die meisten Gelehrten identifizieren den Auftraggeber als Heinrich den Löwen (um 1130â95) und nehmen an, dass der Text kurz vor der Entstehung des Manuskripts in den 1170er Jahren geschrieben wurde. Andere behaupten jedoch, dass das ursprĂŒngliche Datum der Komposition etwa 1331 war, das Jahr, in dem Heinrich der Stolze (um 1108â39) nach Paris reiste, wo er ein Manuskript der ursprĂŒnglichen französischen Version erworben haben könnte. Aufgrund des Stils der Miniaturen und der hĂ€ufigen ErwĂ€hnung bayerischer Namen und Orte ist man sich einig, dass die Handschrift aus Regensburg stammt, einem bedeutenden Zentrum fĂŒr die Herstellung von Handschriften.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Song of Roland
Rolandslied des Pfaffen Konrad
Chanson de Roland - Umfang / Format
- 148 Seiten / 22,0 Ă 16,0 cm
- Herkunft
- Deutschland
- Datum
- SpÀtes 12. Jahrhundert
- Epoche
- Stil
- Genre
- Sprache
- Schrift
- FrĂŒhgotische Minuskel
- Buchschmuck
- 39 Federzeichnungen
- Inhalt
- Deutsche Ăbersetzung des berĂŒhmtesten âChanson de gesteâ
- KĂŒnstler / Schule
- Konrad der Pfaffe (Autor)
Rolandslied des Pfaffen Konrad
Die Gesandten von König Marsilie vor Kaiser Karl dem GroĂen
In der linken Hand hĂ€lt er ein Lilienzepter, mit der rechten streichelt er seinen langen Bart. Gekrönt sitzt Karl auf einer Thronbank inmitten einer Schar von Gesandten des Sarazenenkönigs Marsilie. Der weise alte Blanscandiz, der als einzige weitere Person noch einen langen Bart trĂ€gt, kniet gerade zusammen mit den anderen Gesandten vor Karl dem GroĂen nieder und gestikuliert, als wĂŒrde er ihn anflehen. WĂ€hrend alle Abgesandten auf Karl den GroĂen schauen, ist sein Blick auf den Betrachter gerichtet, mit einem besorgten Gesichtsausdruck, fast so, als ob er uns in der aktuellen Situation um Rat fragen wĂŒrde.
Rolandslied des Pfaffen Konrad
Genelun konferiert mit den Heiden unter einem Olivenbaum
Des Pfaffens Konrad Version des Rolandsliedes unterscheidet sich vom Original dadurch, dass der religiöse Ton noch ausgeprĂ€gter ist und an die Stelle des frĂ€nkischen Patriotismus ein glĂŒhender Kreuzfahrergeist getreten ist: Karl der GroĂe ist der vorbildliche christliche Herrscher, Roland der unvergleichliche christliche Ritter, der sich wie ein MĂ€rtyrer aufopfert, und der VerrĂ€ter Ganelon (hier Genelun geschrieben) verrĂ€t nicht nur sein Land, sondern auch seinen Glauben.
Rolands Stiefvater Genelun (mit Hut) ist paranoid, weil er glaubt, selbst verraten zu werden, und schmiedet eine Verschwörung mit den heidnischen Sarazenen, um die Franken in einen Hinterhalt zu locken, Roland zu töten und Karl den GroĂen und sein Reich zu stĂŒrzen. Wenn auch der Olivenbaum einfach wie ein Lolli gezeichnet ist, hat der KĂŒnstler den stark gestikulierenden Figuren individuelle und ausdrucksstarke Gesichter gegeben und sie in GewĂ€nder mit natĂŒrlichem Faltenwurf gekleidet.
#1 Rolandslied des Pfaffen Konrad
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