Great Domesday Book
Zwanzig Jahre nach seinem legendären Sieg über das Königreich England in der Schlacht von Hastings im Jahr 1066 ordnete der neue normannische Herrscher Wilhelm der Eroberer (ca. 1028–1087) eine bemerkenswerte Volkszählung in seinem hinzugewonnenen Reich an, die in Umfang und Detailgenauigkeit erst im späten 19. Jahrhundert übertroffen werden sollte. Der gewaltige Wälzer, der als Great Domesday Book bekannt ist, diente ihm und seinen Nachfolgern dazu, die ihnen geschuldeten Steuern und Abgaben zu ermitteln. Der Name "Domesday" ist dabei eine Anspielung auf die Apokalypse, die erstmals 1221 Erwähnung findet. Sie deutet darauf hin, dass der Inhalt des Buches so endgültig ist wie das Jüngste Gericht wahrgenommen wurde. Die Zählung der Bevölkerung und ihrer Besitztümer sowie das daraus resultierende Manuskript wurden 1086 fertiggestellt. Letzteres war für die Normannen eine bedeutende Grundlage, auf der sie schließlich das reichste und am besten organisierte Königreich des europäischen Hochmittelalters errichteten.
Das Great Domesday Book
„Dann war der König mit seinen Beratern in der Mitte des Winters [1085] in Gloucester und hielt dort Hof… Er machte sich viele Gedanken und hatte intensive Diskussionen mit seinen Ratgebern über dieses Land – wie es bewohnt war oder mit welchen Menschen. Dann entsandte er seine Männer in jede einzelne Grafschaft Englands, um herauszufinden, wie viele Hunderte von Hufen es in der Grafschaft gab oder welchen Grundbesitz und welches Vieh der König in diesem Land besaß und welche Abgaben ihm jährlich von dieser Grafschaft zustanden.“
Angelsächsische Chronik
Auf die Initiative König Wilhelms des Eroberers (ca. 1028–1087) hin wurden die Ergebnisse dieser Zählungen aufgezeichnet und in dem vorliegenden berühmten Buch zusammengefasst, das von Zeitgenossen das „Buch von Winchester“, oder die „Beschreibung von England“ oder einfach nur das „Buch des Königs“ genannt wurde. Ziel und Zweck dieses Werks war die schriftliche Aufzeichnung der obig beschriebenen “Großen Bestandsaufnahme“, deren Informationen sowohl Wilhelm als auch seinen Nachfolgern dazu dienten, die Höhe der Steuern und anderer Abgaben, die erhoben werden konnten, so wie den Umfang des königlichen Landbesitzes abzuschätzen**. Das Buch ist in Latein verfasst und an manchen Stellen mit volkssprachlichen Ausdrücken ergänzt, für die es keine Übersetzung gab. Für moderne Historiker und Ökonomen stellt das Domesday Bookeine unschätzbare Quelle für die Erforschung des mittelalterlichen Englands dar. Tatsächlich gab es in den darauffolgenden 800 Jahren keine Erhebung mehr, die eine vergleichbare Reichweite und einen ähnlichen Umfang wie das Domesday Book erlangte. Erst die in den Jahren 1873–76 durchgeführte Erhebung des Grundeigentums, deren Ergebnisse in einer zweibändigen Ausgabe mit dem Titel „Return of Owners of Land, 1873“ veröffentlicht wurden, erzielte ein vergleichbares Ausmaß, weshalb die Ausgabe gerne als „modernes Domesday Book“ bezeichnet wird.
Ein Arbeitsdokument
Sein mittelalterlicher Vorläufer ist in schwarzer Tinte geschrieben und gelegentlich mit roten Verzierungen versehen. Ebenfalls in roter Tinte wurden an manchen Stellen Korrekturen vorgenommen, indem Worte durchgestrichen und darüber verbessert wurden. In dem Buch sind die meisten Dörfer und Städte Englands aufgeführt – insgesamt 13418 Ortsnamen – ausgenommen Städte mit Steuerbefreiungsstatus wie London, Gebiete im Norden, die noch nicht vollkommen unter königlicher Kontrolle waren, oder Gegenden, in denen örtliche Bischöfe das ausschließliche Recht auf Besteuerung besaßen. Das Buch bestand ursprünglich aus zwei Bänden, die später zusammengefasst wurden: „Little Domesday“ besteht aus 475 Blättern in kleinem Format und deckt einen Großteil Südenglands ab, einen kleineren Bereich also, doch bietet es ausführlichere Angaben. „Great Domesday“ dagegen ist großformatig und besteht aus 413 Blättern, die dem Rest Englands in umfassenderer und systematischerer Weise gewidmet sind, doch nur mit stichwortartigen Angaben versehen wurden.
Endgültig wie das Jüngste Gericht
Der Name, der allgemein für das Manuskript verwendet wird, findet erstmals im Jahr 1221 Erwähnung und ist eine Anspielung auf das Jüngste Gericht, auf den „domesday“ bzw. „doomsday“ in modernem Englisch, was Weltuntergang oder Jüngstes Gericht bedeutet. Welche Bewandtnis es mit dieser Bezeichnung auf sich hat, erläutert Richard FitzNeal (ca. 1130–98), der königliche Schatzmeister König Heinrichs II. (1133–89), eines Enkels Wilhelms des Eroberers:
“Das Buch wird von den englischen Muttersprachlern metaphorisch Buch des Jüngsten Tags genannt, d.h. des Tags des Jüngsten Gerichts. So wie niemand durch irgendeine geschickte List dem Urteilsspruch dieses strengen und schrecklichen letzten Gerichts entgehen kann, so kann sich auch niemand dem Urteil dieses Buchs entziehen und gegebenenfalls straffrei davonkommen, wenn die darin enthaltenen Aufzeichnungen in einer bestimmten Streitfrage als letzte Instanz konsultiert werden. Deshalb gaben wir diesem Buch den Namen “Buch des Jüngsten Gerichts”, … nicht weil es Urteilssprüche in schwierigen Angelegenheiten enthält, sondern weil sein Urteil, wie das des Jüngsten Gerichts, unabänderlich ist.“
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Das große Buch vom Jüngsten Tag
Book of Winchester
King's Roll
Book of the Treasury
The Great Survey
Liber de Wintonia - Umfang / Format
- 826 Seiten / 36,7 × 25,8 cm
- Herkunft
- Großbritannien
- Datum
- 1086–1087
- Epoche
- Stil
- Sprache
- Schrift
- Protogotisch
- Buchschmuck
- Rote Initialen und Rubrizierung
- Inhalt
- Volkszählung und Landvermessung des Jahres 1086
- Auftraggeber
- Wilhelm der Eroberer
Great Domesday Book
Bosham
Zur Zeit der Erfassung umfassten die königlichen Besitztümer in Sussex zwei Gutshöfe: einer davon war das heutige Dorf Bosham. Der kurze Abschnitt beschreibt es als sehr wohlhabendes Gut, zu dem über 56 hides Land, eine Kirche, acht Mühlen, zwei Fischereien und ein Wald "für sechs Schweine" gehören - Schweine wurden im Mittelalter durch Wälder getrieben damit sie sich von Eicheln und ähnlichem ernährten. Dieser Besitz wurde von 39 Bauern in feudaler Abhängigkeit, 50 Leibeigenen und 17 Sklaven mit insgesamt 25 Pflügen, von denen 6 im Besitz des Königs waren, bewirtschaftet. Zum Besitz des Gutshofs gehörte zudem ein eingehegtes Stück Land im fünf Meilen entfernten Chichester. Mit angegeben wird dabei auch immer der Wert des Besitzes und die Steuern, die etwa die Mühlen und Fischerei abwerfen.
Great Domesday Book
Karte von England im Jahre 1086/87
Diese und andere Karten wurden dem Faksimile beigefügt, um deutlich zu machen, wie umfassend die von Wilhelm dem Eroberer in Auftrag gegebene Vermessung war. Zwanzig Jahre, nachdem er den Thron des angelsächsischen Englands bestiegen und damit eine neue Epoche der normannischen Herrschaft eingeläutet hatte, wurde sie in Auftrag gegeben, damit Wilhelm eine Bestandsaufnahme seines neuen Königreichs und der ihm als Herrscher geschuldeten Steuern machen konnte.
Über 13.000 braune Punkte kennzeichnen alle identifizierbaren Dörfer und Herrenhäuser, die in der Handschrift verzeichnet sind. 114 rote Punkte kennzeichnen Gemeinden, die sich durch die Anwesenheit von Bürgern auszeichnen, d. h. von freien Bürgern, die größtenteils der Kaufmannsschicht angehörten. 49 blaue Kreuze markieren alle Klöster, während 15 Bischofssitze, d. h. Kathedralstädte, durch ein blaues Kreuz mit einem roten Punkt in der Mitte gekennzeichnet sind.
#1 Great Domesday Book – The Millennium Edition
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: English
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