Rothschild-Gebetbuch
Die Buchmalerei erlebte nach Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg in der flämischen Buchmalerei noch einmal einen ungeahnten Höhepunkt und eine letzte beeindruckende Blüte: Das Rothschild-Gebetbuch legt mit seinen lebendigen und naturalistischen Miniaturen davon ein beredtes Zeugnis ab. Einige von ihnen wurden von zwei der besten Illuminatoren aller Zeiten geschaffen, von Gerard Horenbout (ca. 1465 - ca. 1541) und von Simon Bening (1483–1561). Gemeinsam mit den kunstvollen Miniaturen von mindestens drei weiteren Meistern sollten sie der betrachtenden Vertiefung in die Gebete dienen und tatsächlich: Sie halten für den heutigen Leser auch nach eingehender Betrachtung immer noch weitere spannende Entdeckungen und tiefere Einblicke bereit. Das einzigartige Manuskript wurde von den Nazis geraubt, in den 1990er Jahren den Erben zurückgegeben und im Jahr 2014 von Christie's für 13,6 Millionen US-Dollar versteigert.
Rothschild-Gebetbuch
Das Rothschild-Gebetbuch gehört zu den schönsten und wertvollsten Stundenbüchern aus der Spätzeit der Livres d’heures. Dieses bis nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend unbekannte Meisterwerk flämischer Buchmalerei entstand zwischen 1510 und 1520 für einen unbekannten hoch gestellten Auftraggeber.
Unter den zahlreichen flämischen Gebetbüchern aus der Zeit zwischen 1480 und 1520, die alle in künstlerisch sorgfältiger Weise ausgestattet sind, ragt das Rothschild-Gebetbuch aufgrund des Reichtums und der besonderen Erlesenheit seiner Ausschmückung hervor. Sein Wert liegt in den zahlreichen farbenprächtigen Miniaturen, den phantasievollen Bordüren und den prachtvollen großen Initialen. Zudem ist der Text, der in lateinischer Sprache verfasst ist, durchgehend mit zahlreichen kleineren, goldverzierten Initialen versehen.
Das Rothschild-Gebetbuch steht inhaltlich in der Tradition der Stundenbücher, die als Gebetbücher für Laien in Gebrauch waren und verschiedene Gebete für die Privatandacht enthielten. Der Inhalt dieser Gebete wird durch die Illustrationen anschaulich unterstützt, sodass sich der Betende während des Lesens meditativ in das Bild versenken konnte. Die Bilder des Rothschild-Gebetbuches wurden von großartigen Künstlern geschaffen, die diese Handschrift zu einem einzigartigen Kunstwerk der Buchmalerei gemacht haben.
Die Meister des Rothschild-Gebetbuches
Wie bei fast allen Stundenbüchern der flämischen Buchmalerei waren an der künstlerischen Ausgestaltung des Rothschild-Gebetbuches mehrere Meister und wohl auch einige Gehilfen beteiligt, die vermutlich einem Atelier angehört haben. Das Werk wurde von mindestens fünf Künstlern gemeinsam geschaffen, über die wir allerdings nicht in allen Fällen genaue Angaben eruieren können.
Ein bedeutender Teil der großen Miniaturen geht auf den berühmten Gerard Horenbout zurück, der aus Gent stammte und Hofmaler der Statthalterin Margarete von Österreich war. Seine Figuren sind von starkem Temperament und von einem in der flämischen Buchmalerei bis dahin unbekannten Naturalismus erfüllt.
Einen ebenso großen Anteil an den Bildern der Handschrift hatte der „Meister des älteren Gebetbuches Maximilians I.“. Seine Miniaturen zeugen vom hohen technischen Können des Künstlers und zeichnen sich durch großartige Perspektiven und minutiös gezeichnete Detailmalerei aus.
Typisiert und meist von kleiner, kräftiger Statur mit strähnigen Haaren sind die Figuren des „Gebetbuchmeisters“. In der Miniatur mit der Darstellung der Auferweckung des Lazarus zeigen die starke Bewegung im Ausdruck des Auferweckten und die ausgezeichnet konzipierten Häusergruppen mit den raumabschließenden Bäumen sein hohes technisches Können.
Ein weiterer Illuminator des Rothschild-Gebetbuches ist Gerard David oder ein äußerst geschickter Schüler von ihm. Dieser besonders als Tafelbildmaler bekannte flämische Künstler hat seine hervorragend gezeichneten Figuren in wunderbar komponierte Landschaften gestellt.
Zwei Minaturen schließlich sind dem großartigen Buchmaler Simon Bening zuzuschreiben, die von ausgezeichneter Qualität sind und aus seiner frühen Schaffenszeit stammen.
Der Inhalt der Handschrift
Die ersten sechs Blätter des Rothschild-Gebetbuches nimmt ein Kalender ein, der nicht nur mit den Darstellungen des bäuerlichen Lebens der einzelnen Monate, sondern auch mit zahlreichen Medaillons der Monatsheiligen geschmückt ist. Es folgen eine Andacht zum Antlitz Christi, die Votivoffizien und Messen für die Wochentage, Evangelienperikopen, das Marienoffizium, Bußpsalmen und Litanei, das Totenoffizium sowie Gebete zu Maria, Christus, den Engeln und Heiligen. Die Schrift ist eine regelmäßige lateinische Textura (gotische Buchschrift) mit zahlreichen Kürzungen, geschrieben von einer Hand.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Rothschild Hours
Rothschild Prayerbook - Umfang / Format
- 508 Seiten / 22,8 × 16,0 cm
- Herkunft
- Belgien
- Datum
- 1510–1520
- Stil
- Sprache
- Schrift
- Gotisch
- Buchschmuck
- Reich illustrierter Kalender, 67 ganzseitige Miniaturen, 5 Seiten mit kleineren Miniaturen, 141 Seiten mit ornamentalen Rahmen, zusammen 153 illuminierte Seiten
- Inhalt
- Stundengebet, Brauch der Chartreuse de Dunes, Brügge
- Künstler / Schule
- Gerard Horenbout (um 1465 – um 1541)
Meister des älteren Gebetbuchs Maximilian I.
Gerard David (ca. 1460–1523)
Simon Bening (um 1483–1561) - Vorbesitzer
- Österreichische Nationalbibliothek
Rothschild-Gebetbuch
Friedhofsszene
Während ein Pfarrer die Gebete verliest, lassen zwei Mönche einen einfachen, hölzernen Sarg in ein Grab herab. Die Bahre, auf der der Sarg transportiert wurde, steht neben der letzten Ruhestätte, wie auch die Grabgräber und Hinterbliebenen. Das Kruzifix und das Pluviale des Pfarrers heben sich in leuchtendem Gold von der restlichen Gruppe ab. Die ausdrucksstarke Szene besitzt eine erstaunliche Detailfülle, so dass ganz im Sinne des memento mori sogar der Verwitterungszustand des Kirchengebäudes dargestellt ist.
Rothschild-Gebetbuch
Dezember: Schlachtung von Schweinen
Die Kalender der Stundenbücher stellen häufig typische Arbeiten des jeweiligen Monats dar und bieten so einen wertvollen Einblick in das mittelalterliche Alltagsleben. Auch wenn unklar ist, welcher der an der Erstellung des gesamten Manuskripts beteiligten Künstler für den Kalender verantwortlich gezeichnet hat, verrät er doch eine meisterhafte Handschrift.
Diese Komposition ist illusionistisch gemalt, da es so scheinen mag, dass sie von einem mit Gold hervorgehobenen Rahmen aus Holz gefasst ist. Der Rahmen ist mit zahlreichen Medaillons von Heiligen gefüllt, die im Dezember ihren Gedenktag haben. Oben ist das entsprechende Sternzeichen zu erkennen, der Steinbock. Die Bas-de-Page-Miniatur zeigt die Schlachtung eines Schweins in einer verschneiten Landschaft außerhalb eines Schlosses: Wir werden in dem Moment in das Geschehen einbezogen, in dem das Blut des Schweins gerade aufgefangen wird.
#1 Rothschild-Gebetbuch (Normalausgabe)
Details zur Faksimile-Edition:
Sprache: Deutsch
(1.000€ - 3.000€)
#2 Rothschild-Gebetbuch (Vorzugsausgabe)
Details zur Faksimile-Edition:
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(1.000€ - 3.000€)
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