Jenaer Martyrologium
Das Jenaer Martyrologium, benannt nach seinem heutigen Aufbewahrungsort, ist das älteste in deutscher Sprache verfasste Werk seiner Art. Es entstand um 1275 und basiert auf anderen Martyrologien wie denen von Ado von Vienne, Notker und Usuard. Dieses Kleinod der Buchkunst wurde von Nikolaus von Havelberg gebunden und ist ein schönes Beispiel für die damalige Buchbindekunst in Erfurt. 366 zarte, mit Gold und Silber illuminierte Federzeichnungen in satten Grundfarben sind direkt in den Text eingefügt und im Durchschnitt fünf Zeilen hoch. Diese Bilder haben eine anregende und animierende erzählerische Wirkung auf die Leserschaft. Die Prachthandschrift bewahrt zudem zwei äußerst seltene volkssprachliche Prosaübersetzungen sowie die mittelhochdeutsche geistliche Lehrdichtung Unterweisung zur Vollkommenheit - der Jenaer Codex ist das älteste, einzige vollständig erhaltene und zudem exzellent illustrierte Exemplar.
Jenaer Martyrologium
Ein Martyrologium, auch Märtyrerverzeichnis oder Calendarium sanctorum genannt, ist ein nach dem Kalender geordnetes Verzeichnis über Heilige, meist Märtyrer, die darin üblicherweise ihrem jeweiligen Todestag zugeordnet werden, der zugleich ihr Gedenktag ist. Die Memoria ihrer Martyrien hatte in der Liturgie, aber auch im straff organisierten Tagesablauf der Mönche und Nonnen einen festen Platz. Dazu wurden die jeweiligen Abschnitte aus einem Martyrologium wie demjenigen der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek verlesen.
Die Martyrien der Heiligen auf Thüringisch
Das Jenaer Martyrologium entstand wahrscheinlich um 1275 für einen unbekannten Auftraggeber und ist damit das älteste erhaltene deutschsprachige Martyrologium. Der Dialekt der Schreibsprache deutet darauf hin, dass der Text in Thüringen verfasst wurde, wobei es sich nicht um ein völlig neues Werk handelte, sondern vielmehr eine Abschrift einer Vorlage aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Handschrift wurde wahrscheinlich im liturgischen Kontext gebraucht: die Forschung nimmt an, dass die Martyrien nach dem gemeinsamen Chorgebet von einem Vorleser oder einer Vorleserin vor einem geistlichen Publikum mit unzureichenden Lateinkenntnissen vorgetragen wurden.
Goldgeschmückte Bilder von Tod und Folter
Der Text des Jenaer Martyrologiumsbasiert auf früheren Märtyrerverzeichnissen verschiedener karolingischer Autoren, darunter Ados von Vienne (799–875), Notker (um 840–912) und Usuard († 877). Die Eintragungen reichen von schlichten Aufzählungen bis zu ausführlicheren Erzählungen einzelner Heiligenlegenden. Dabei werden die Martyrien nicht nur textuell festgehalten, sondern der Leserschaft auf visuell vor Augen geführt.
Fast jeder Tageseintrag wird von einem im Schnitt fünfzeiligen Bildstreifen in leuchtenden Farben begleitet. Lediglich der Eintrag zum 17. Dezember (f. 103r-v) wurde doppelt illuminiert, jener zum 30. Juni (f. 49v) hingegen – wohl aus Platzgründen – gar nicht. Die insgesamt 366 kolorierten und mit Gold und Silber geschmückten Federzeichnungen zeigen vor allem die Heiligen, teilweise aber auch Architekturen, Schiffe und andere Objekte, die in Einzelfällen konkrete Entsprechungen haben oder hatten.
Unterweisung zur Vollkommenheit
Nicht nur die umfangreiche und prachtvolle Illumination macht das Jenaer Martyrologium zu einem wahren Schatz der mittelalterlichen Buchmalerei. Die letzten Seiten der Handschrift enthalten zusätzlich das geistliche Lehrgedicht * Unterweisung zur Vollkommenheit***, das uns **einzig und allein in dem Jenaer Manuskript überliefert ist.
In den Paarreimen beklagt ein anonymer Erzähler, der sich als armer Mann und damit umso geeigneterer geistlicher Ratgeber vorstellt, zunächst in Anrufung Mariä und Christi seine eigene Unvollkommenheit. Maria erteilt ihm darauf Ratschläge, woraufhin der Autor die Leserschaft darüber belehrt, wie sie zur Vollkommenheit im christlich-asketischen Sinn gelangen könne.
Der moralisierende Text ist auch gestalterisch in mehrfacher Hinsicht von dem Martyrologium abgesetzt: das Gedicht wurde zweispaltig geschrieben und nicht illuminiert – wurde aber von derselben Hand verfasst.
Ein Kleinod der kurfürstlichen Bibliothek
Seinen braunen Kalbsledereinband mit lilienförmigen Messingschließen, der in der Faksimile-Edition ebenfalls reproduziert wird, erhielt der Codex erst um 1500, als er sich in der Bibliotheca Electoralis, der vom sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen (1463–1525) begründeten Schloss- und Universitätsbibliothek zu Wittenberg, befand. Der dekorative Einband ist die Arbeit des Erfurter Buchbinders Nikolaus von Havelberg (aktiv 1477–1505). Wie die Handschrift nach Wittenberg gelangte, ist unbekannt. Nach Jena kam das Martyrologium bereits 1549 zusammen mit der restlichen Bibliotheca Electoralis, als Kurfürst Johann Friedrich (1503–1554) den Kurkreis Wittenberg verlor.
Kodikologie
- Alternativ-Titel
- Jena Martyrology
- Umfang / Format
- 226 Seiten / 24,3 × 18,5 cm
- Herkunft
- Deutschland
- Datum
- Ca. 1275
- Stil
- Sprache
- Schrift
- Gotische Textualis
- Buchschmuck
- 366 meist fünfzeilige kolorierte Federzeichnungen
- Inhalt
- Martyrologium (ff. 1r-109v); Gedicht "Unterweisung zur Vollkommenheit" (ff. 110r-112v)
- Vorbesitzer
- Bibliotheca Electoralis von Friedrich dem Weisen in Wittenberg
Jenaer Martyrologium
Der fünfte Tag vor den Nonen des Oktobers
Dieser Bildstreifen visualisiert nicht nur die Geschichte zweier Heiliger, denen „ante diem quintum Nonas Octobris“, also am 3. Oktober, gedacht wird, sondern hält auch eine farbenfrohe Illumination der Stadt Köln inklusive Kölner Dom bereit. Der Text berichtet von Bischof Willibrord (um 658–739), der zusammen mit zwei Priestern das „Sachsenland“ missionieren wollte. Diese wurden jedoch beim Predigen von „den Heiden“ getötet und in „ein großes Wasser“ – den Rhein? – geworfen. Durch ein Wunder schwammen ihre links dargestellten Leichname jedoch gegen den Strom nach Köln, wo sie „mit großen Ehren bestattet“ wurden. Im Bild werden die angeschwemmten Körper gerade von einer Gruppe Geistlicher entdeckt, die darüber offenbar ziemlich verwundert sind.
Jenaer Martyrologium
Kalenden des Monats Juli
Im spätantiken Julianischen Kalender, der die Grundlage für jegliche Datierungen im Mittelalter war, hieß der erste Tag des Monats ‚Kalendae‘. Dieser Tag wird in Kalendarien, aber auch in Martyrologien wie diesem, in der Regel durch eine schmuckvolle Initialligatur der Buchstaben K und L visuell hervorgehoben. Im unteren Abschnitt dieser Seite sind die Heiligen verzeichnet, deren Todestag an den Kalenden des Monats Julius, also dem 1. Juli, gedacht wurde. Das sind unter anderem der Heilige Arelefus und einer seiner Gefährten, der Hohepriester Aaron und möglicherweise Martin von Vienne, die in dieser Reihenfolge am unteren Seitenrand dargestellt sind. Erwähnt werden aber auch die Heilige Monegundis sowie die Heilige Sophie von Mailand und ihre Töchter Fides, Spes und Karitas.
Im Abschnitt darüber geht es um die Heiligen, denen zwei Tage vor den ‚Kalendis Juli‘ gedacht wird, also am 29. Juni. Im Mittelalter wurden an diesem Tag vor allem die Apostel Petrus und Paulus verehrt, die als Opfer der Christenverfolgung unter Kaiser Nero üblicherweise gemeinsam dargestellt werden. Sie erscheinen beide in ihrem jeweiligen Martyrium – links Paulus, rechts Petrus.
#1 Jenaer Martyrologium
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